Fördern Biosphärenreservate kreative Ansätze für nachhaltige Projekte?

Jacob Heuser, Nils Unthan, Judith Schäfernolte; Universität Innsbruck Wie gestalten Unternehmen und andere Initiativen aus dem Val Müstair und dem Engadin die nachhaltige Nutzung ihrer Heimat – und wie wird durch das UNESCO Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair Unterstützung geleistet? 

Deutlich spürbare gesellschaftliche Herausforderungen lassen die Gewissheit wachsen, dass sozial-ökologische Konzepte oder Modelle für die nachhaltige Entwicklung dringend notwendig sind. Dabei rückt, neben unserem sozialen Miteinander, auch der Umgang mit der uns umgebenden Natur in den Blickpunkt. 

Der Einbezug des Zusammenspiels zwischen Mensch und Natur ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die vor Ort, in unseren Regionen, angegangen werden muss. Ansatzpunkte sind unsere Art zu wirtschaften sowie unsere alltäglichen Handlungen. Dieser tiefgreifende gesellschaftliche Wandel kommt ohne neue, vielleicht auch experimentelle Ideen, und der Bereitschaft, Unsicherheiten und mitunter auch Rückschläge in Kauf zu nehmen, nicht aus. Gesucht werden neue soziale Praktiken, die auch mit einer Rückbesinnung auf traditionelle kulturelle Techniken einhergehen können.

 

Die Bewältigung dieser Herausforderungen ist eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der Biosphärenreservate eine rahmengebende und unterstützende Rolle einnehmen können. Zentrale Bausteine bei der Bewältigung sind von der Bevölkerung initiierte und getragene Ansätze für Veränderungen. Nur so kann der Weg zu einer Modellregion, die sich als beispielhaft für die nachhaltige Gestaltung des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur auszeichnet, erfolgreich beschritten werden. 

 

Auf dem Weg zu nachhaltigen Verhältnissen müssen viele Fäden zusammenlaufen. Biosphärenreservate können rahmengebende Orientierung und Unterstützung bieten. Besichtigung der Tessanda Handweberei in Santa Maria Val Müstair
Auf dem Weg zu nachhaltigen Verhältnissen müssen viele Fäden zusammenlaufen. Biosphärenreservate können rahmengebende Orientierung und Unterstützung bieten. Besichtigung der Tessanda Handweberei in Santa Maria Val Müstair © Nils Untha

Austauschtreffen in Vnà

CRAFT untersucht diesen Themenkomplex im UNESCO Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair und dem ebenso beteiligten UNESCO Biosphärenpark Grosses Walsertal (AT). Durchgeführt wird das Projekt von der Universität Innsbruck und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, im engen Austausch mit den jeweiligen Verantwortlichen für das Biosphärenmanagement Engiadina Val Müstair und Grosses Walsertal.

Mit dem Ende des ersten Projektjahres trafen sich die Projektpartner*innen aus Österreich und der Schweiz im August für einen konsolidierenden Austausch im schönen Vnà. Auf der Tagesordnung standen der Austausch über die Projektfortschritte und die Diskussion erster Ergebnisse sowie ein Workshop zu der Frage wie das UNESCO Biosphärenreservat einen guten ‚Nährboden‘ für die lokalen und regionalen kreativen Initiativen bereiten kann. Als ein Ergebnis stellte sich heraus, dass seitens der Biosphärenreservate eine eindeutige proaktive Ansprechperson, die offen die Zusammenarbeit mit den Initiativen in der Region sucht, ein zentraler Faktor ist. Initiativen, die kreativ und experimentell an ihren Projekten arbeiten, brauchen als guten Nährboden eine Umgebung, in der Erfolg oder Misserfolg nicht vorschnell beurteilt wird. Ein Voneinander-Lernen und langfristige Unterstützung sollen ermöglicht werden. 

Kommen Sie als Initiative, Unternehmer*in oder als Privatperson mit ihren Aktivitäten mit dem UNESCO Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair in Berührung? Welche Faktoren befördern oder hindern Sie in Ihren Aktivitäten? Und wie stehen Sie zu den oben dargelegten Eindrücken?

Was macht einen guten ‚Nährboden‘ für kreative Initiativen aus? Mid-term Meeting und Workshop der Projektpartner in Vnà.
Was macht einen guten ‚Nährboden‘ für kreative Initiativen aus? Mid-term Meeting und Workshop der Projektpartner in Vnà. © Reutz, Unthan 2020

Im Rahmen des Projektes führen wir Gespräche mit neuen sowie etablierten Initiativen und Unternehmen, wie auch mit Privatpersonen, um: 

  1. diese Akteure besser kennenzulernen und ihre Beziehungen zu ländlich-peripheren Biosphärenreservaten und ihrer umgebenden Region besser zu verstehen;
  2. zu verstehen, welche Rolle Biosphärenreservate als Plattform für innovative und kreative Ansätze bei der Gestaltung sozial-ökologischer Übergänge spielen und spielen können;
  3. zu erkennen, welche Unterstützungsmechanismen und Handlungsräume sich durch Biosphärenreservate für Initiativen generell eröffnen und relevant sein können. 

 

Die Zusammenarbeit der Wissenschaft mit Akteuren aus der Region ist unabdingbar für ein erfolgreiches Umsetzen des Projektes und der Projektideen. In diesem Sinne sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen, insbesondere in den schwierigen Zeiten der Covid-19-Pandemie. Es wäre einfacher, Sie direkt zu besuchen und im gemeinsamen Austausch die, vielleicht sehr theoretisch erscheinenden, Fragen zu diskutieren. Das geht leider nicht, daher würden wir uns sehr freuen, wenn Sie, falls Sie eine Projektidee im Sinne des nachhaltigen Wirtschaftens haben, an der Befragung über den nebenstehenden QR-Code oder hier teilnehmen würden. 

Wir wollen so grundlegende Informationen über bestehende und sich entwickelnde Initiativen erheben, die sich mit alternativen, kreativen Ansätzen für lokale bis globale gesellschaftliche Herausforderungen beschäftigen. 

Wir bedanken uns bei Ihnen vielmals im Voraus und freuen uns auf Ihre Teilnahme und hoffentlich auf einen echten Austausch im Sommer 2021.

Gemeinsame Forschung zur Gestaltung nachhaltiger Verhältnisse (Dank an Curdin Tones/ Somalgors 47).
Gemeinsame Forschung zur Gestaltung nachhaltiger Verhältnisse (Dank an Curdin Tones/ Somalgors 47). © Nils Unthan

Was bedeutet CRAFT?

CRAFT (CReative Approaches For socio-ecological Transitions) ist eine vergleichende Studie über UNESCO Biosphärenreservate als Motor bottom-up basierter Innovationen und wird im Rahmen des Man and the Biosphere Programm von der österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) gefördert. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei der Universität Innsbruck und der Zürcher Universität für angewandte Wissenschaften (ZHAW).

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