Manuel Bott ist leidenschaftlicher Pistenpräparierer.
Manuel Bott ist leidenschaftlicher Pistenpräparierer. © Jürg Wirth

Sonnenuntergänge und perfekte Pisten

Jürg Wirth Manuel Bott fährt die Pistenmaschine im Wintersportgebiet Minschuns im Val Müstair. Dies macht er mit Herzblut und Leidenschaft und fast schon ewig.

Eigentlich war Manuel Botts berufliche Zukunft schon mit fünf Jahren geregelt. Damals fuhr er zum ersten Mal bei seinem Nachbarn mit. Nicht im Lastwagen und nicht im Auto, sondern auf der Pistenmaschine im Wintersportgebiet Minschuns im Val Müstair. Da war der Knabe aus Valchava infiziert mit dem Pistenpräparierungsvirus. Seither hat ihn dieser nicht mehr losgelassen. Jedes Jahr ist er danach so oft wie möglich mitgefahren, und mit 12 Jahren durfte er sich zum ersten Mal selber hinters Steuer respektive an die Joy-Sticks setzen und erste «Schritte» mit der Maschine machen. Seither hat er seine Technik und die Fertigkeiten stetig verfeinert und verbessert.

Dazu hat er nicht nur im Winter Gelegenheit, sondern auch im Sommer. Denn die Botts betreiben in Valchava einen Bauernhof mit Forstwirtschaft und Lohnbetrieb. Grosse Maschinen sind dabei nötig, um die Arbeiten im Wald zu erledigen oder um die Siloballen zu pressen. Klar, dass Manuel auch hier immer dabei ist und mitfährt. Sollten die Maschinen mal nicht mehr richtig wollen, sprich funktionieren – auch kein Problem. Denn Manuel ist gelernter Landmaschinenmechaniker und kann fast alles reparieren, was kaputt ist. Auch auf Minschuns fährt der junge Mann die Maschinen nicht nur, sondern flickt sie auch, wenn's nötig ist.

Freude an Sonnenuntergängen

Diese Abwechslung ist es denn auch, die ihm so an seiner Arbeit gefällt. Aber, man höre und staune, ganz besonders haben es ihm die Sonnenuntergänge angetan. Jeden Tag freut er sich darauf, einen zu sehen und ab und zu nimmt er auch seine Freundin mit, damit sie dieses Ereignis zusammen geniessen können. «Auch wenn man arbeiten muss, kann man geniessen», sagt er dazu.

Aber selbstverständlich ist er nicht primär wegen des Naturschauspiels am Himmel auf Minschuns, sondern wegen der Pisten. Diese so zu präparieren, dass die Sportlerinnen und Sportler ihre helle Freude daran haben und noch besser, dies vielleicht auch mal mitteilen, das ist seine Mission. Diese beginnt er normalerweise um 16.00 Uhr, wenn die Pisten geschlossen werden. Dann schiebt und pflügt er den Schnee und gibt zuletzt den Feinschliff, sprich die charakteristischen Rillen, welche die Skifahrer am Morgen dann killen. Bott ist normalerweise bis etwa 21.00 Uhr unterwegs mit dem Pistenfahrzeug.

Obwohl das Wintersportgebiet Minschuns relativ überschaubar ist, wird es Manuel bei der Arbeit nie langweilig. Vor allem nicht bei schlechter Sicht, da muss er aufpassen, dass er nirgends über den Pistenrand hinausgerät. Ansonsten geht es darum, dass er mit dem Pflug keine Löcher in den Boden reisst oder dass er beim Arbeiten mit der Seilwinde keine Tourengänger erwischt. Obwohl eigentlich nicht erlaubt, gingen diese am Abend oft auf den Pisten hoch, mit gefährlichen Konsequenzen für sie. Etwas besser geworden sei es, seit auf Minschuns immer am Mittwochabend ein offizielles Aufstiegsprogramm stattfindet.

Glück im Unglück

Auf Minschuns fährt Bott nun seit 2019, vorher präparierte er drei Jahre lang die Pisten auf dem Corvatsch bei Silvaplana. Dass er nun auf Minschuns ist, ist auch etwas Glück. Denn auf dem Corvatsch brach während des Präparierens im Frühling eine Schneebrücke unter ihm respektive seiner Maschine ein. Geistesgegenwärtig gelang es ihm noch, sein Fahrzeug in die Fallrichtung zu drehen, worauf er im Höllentempo den Hang runterschlitterte. Ausser einem etwas erhöhten Puls tat es ihm aber nichts. Deshalb fuhr er gleich wieder hoch, um die Arbeit fertigzumachen. «Sonst wäre ich vielleicht nie mehr in eine Pistenmaschine eingestiegen», gesteht er.

Wenn er nach dem Einsteigen auch wieder mal aussteigt, dann durchaus auch, um etwas Ski zu fahren. Meistens am Nachmittag vor seinem Einsatz. «Dann sehe ich grad, in welchem Zustand die Piste ist, das sieht man besser auf Skis als auf der Maschine.»

Oft sieht er dabei, dass er wieder Schnee in die Piste stossen muss, weil sonst zu wenig liegt. Deshalb fände er es schön, wenn das Projekt La Sassa käme und man etwas mehr beschneien könnte. Das würde ihnen die Arbeit vor der Saison erleichtern, da sie weniger Schnee zusammenstossen müssten, um die Pisten gut zu präparieren. Das gäbe weniger Maschinenstunden und weniger Verschleiss, fasst er zusammen.

Doch weiterfahren wird er sowieso noch lange. Und wer weiss, vielleicht nimmt auch er eines Tages seinen Nachbarsbuben mit oder irgendwann den eigenen Sohn oder die Tochter.

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