Andreas Kunz ist leidenschaftlicher Legosammler und -bauer, Feuerwehrmann und Bauleiter.
Andreas Kunz ist leidenschaftlicher Legosammler und -bauer, Feuerwehrmann und Bauleiter. © zvg

Hinschauen und mithelfen

Jürg Wirth Andreas Kunz aus Guarda ist Präsident des Schweizer Lego Vereins, Bauleiter und Vizekommandant bei der Feuerwehr Scuol. Klar, dass er da kaum zum Sport treiben kommt, obwohl er wegen der Landschaft im Engadin ist.

Andreas Kunz’ Interessen haben sich durchs Hinschauen herauskristallisiert. So war er früher immer vorne mit dabei, wenn es im Dorf brannte, aber auch auf oder an Bauplätzen war er oft zu finden. Und heute ist er Vizekommandant bei der Feuerwehr, Bauleiter und Lego-besessen.

Seit 2005 lebt er in Guarda. Aufgewachsen ist er in Arbon am Bodensee. Schon bald war es sein Wunsch, einmal ins Engadin zu ziehen. Als er dann im Architekturbüro Vulpi in Guarda eine Stelle ausgeschrieben sah, hat er seine Chance gepackt, sich beworben, die Stelle bekommen und arbeitet immer noch dort.

Und er ist gekommen, um zu bleiben, denn zurück ins Unterland will er nicht mehr. Hier sei es viel schöner, findet er. Dabei meint er die Landschaft und die Mentalität der Leute. Vor allem auf den Baustellen würde sich zeigen, dass die Handwerker hier noch viel mehr mit- statt gegeneinander arbeiten würden. Im Unterland sei es mehr ein Einzelkämpfertum gewesen, und am Schluss wollte niemand für Fehler geradestehen, sondern man habe sie gegenseitig auf den anderen abgeschoben.

Da ihm die Landschaft so gut gefällt, wäre anzunehmen, dass er sich auch oft draussen aufhält. Doch Kunz hält es wie Churchill und sagt sich «no sports». «Ich fahre nicht Ski und mache auch sonst keinen Sport.» Wohl gehe er im Sommer etwas wandern und im Winter spazieren, aber das sei es dann auch. Schliesslich habe er gar nicht viel Zeit, sich draussen aufzuhalten und weiteren Hobbys zu frönen. Denn eines seiner Hobbys ist die Feuerwehr. Aus dem Schaulustigen von einst ist ein Vizekommandant der Feuerwehr Pisoc, der Grossgemeinde Scuol geworden. Und in 2021 wird er Bezirksinspektor und ist dann zuständig für das Gebiet von Müstair bis Samnaun. «Als Bezirkinspekor bin ich für die Betreuung und Unterstützung der Wehren bei Bedarf zuständig. Ich leite künftig auch Kurse für Grundausbildungen und Weiterbildungen. Gruppenführerausbildungen sind dabei nur ein kleiner Teil», sagt er.

Zum Helfen bei der Feuerwehr

Bei der Feuerwehr ist er nicht unbedingt wegen der Uniform oder den Bränden, sondern «weil man den Leuten helfen kann». Bereits in der Ausbildung lerne man, dass man das möglichst Beste machen soll, wenn jemand in Not ist. Jährlich hat er rund 15 Mal die Gelegenheit, sich im Ernstfall zu beweisen. Der schwierigste Fall war laut Kunz derjenige in Sent, als ein Mann seine Frau bedrohte, sich dann im Haus verbarrikadierte und dieses anzündete. «Wir kamen zum Brandplatz und sahen zuerst Polizisten in Vollmontur, danach mussten wir eine Stunde lang zusehen, wie das Haus niederbrannte, da der Mann nicht rauskommen wollte.» Da sind ihm die anderen Erinnerungen viel lieber, auch weil man nach jedem Einsatz die Dankbarkeit der Leute spüre. 

Doch Kunz stand ja, wie gelesen, nicht nur an Brand-, sondern auch an Bauplätzen und verfolgte staunend den Fortgang. So ein wenig konnte er diesen bereits nachvollziehen aufgrund seiner Erfahrung als Legobaumeister. Denn Lego ist es eigentlich, was ihn am Allermeisten beschäftigt und erfüllt. Es ist denn auch nicht ganz von der Hand zu weisen, dass er sich für die Hochbauzeichner-Lehre entschieden hat, um danach noch bessere Baupläne für seine Lego-Kreationen zeichnen zu können. Denn mit «Lego spielen», hat das, was Kunz macht, schon lange nichts mehr zu tun. Ihm war das eigentlich schon immer klar, das Problem stellte sich eher, wenn er anderen Menschen von seinem Hobby berichtete. Bis zur dritten Klasse sei das kein Thema gewesen, doch danach und bis 20 hätten die Leute eher komisch reagiert, wenn er sein Hobby erwähnt habe. Verheimlicht habe er es deswegen aber trotzdem nicht. Der Wendepunkt war dann die Rekrutenschule, wo er seinen besten Kollegen kennenlernte, mit dem ist er heute noch verbunden – über Lego.

Von allem eine Ahnung haben

Von seiner Lehre und seinem Beruf konnte er dagegen berichten, ohne dabei schlechte Gefühle zu haben. Mittlerweile arbeitet der Hochbauzeichner als Bauleiter, eine Aufgabe, die ihn sehr erfüllt. Denn er ist von Anfang bis zum Ende dabei, wenn ein Haus entsteht. «Man muss nicht alle Arbeiten, die dabei ausgeführt werden, selber beherrschen, aber doch von allem eine Ahnung haben», hat er festgestellt. Dann würden ihn die Handwerker respektieren und die Arbeit würde eben zum Miteinander. Auch hier schaut er immer noch gerne hin. Vor allem bei anderen Häusern, wo er dann seinen Blick fürs Detail schult und sich vielleicht auch etwas für die eigenen Arbeit abschauen kann.

Das sei beim Lego spielen oder viel besser bauen nicht immer einfach. Dank dem Verein, den er selber gegründet hat, ein wenig auch, um unter seinesgleichen zu sein und bei der Erwähnung seines Hobbys nicht immer komisch bis mitleidig angeschaut zu werden. Der Auslöser sei aber 2006 eine Serie auf DRS3 gewesen, die eine Woche lang über Vereine berichtet habe. Er meldete seinen neuen Verein an, und das Radio kam. Blöd nur, dass man im Radio all die Kunstwerke und Kreationen, Bauten und Figuren nicht richtig zeigen kann. 

Schlachtfelder bauen und Steine waschen

Käme das Radio heute oder noch besser das Fernsehen, würden sie beispielsweise das Schlachtfeld von Sterlingbridge sehen. Die grosse Herausforderung für Kunz besteht dabei in der Modellierung der Landschaft. Diese sei ja eher rund respektive organisch, die Steine aber eckig. Gleich verhalte es sich beim Raumschiff, an dem er arbeite. Gut also, kann er sich im eigenen Verein ab und an Rat holen und sich auch austauschen. Auch auf den gemeinsamen Vereinsreisen, die sie normalerweise durchführen. Selbstverständlich zu anderen Lego-Bauwerken. 2020 sei nicht so viel gelaufen, aber immerhin hätten sie für die Stadt Chur einen Adventskranz bauen können, strahlt Kunz fast wie die Kerzen auf dem Kranz.

Ansonsten habe er sich vor allem mit Waschen und sortieren der Steine beschäftigt. Wer das Durcheinander in den heimischen Lego-Schachteln kennt, kann abschätzen, wie wichtig vor allem Sortieren wäre. Wäre, wenn man es denn machen würde. Kunz ist da diszipliniert und neben den sortierten Legosteinen beherbergt sein Haus in Guarda auch eine eindrückliche Sammlung von Lego-Baukästen aus vielen Jahren.

Kann er nun nicht einschlafen oder will sich nach dem Arbeiten entspannen, baut er rasch etwas Kleines aus seinen Legosteinen zusammen oder betrachtet seine Sammlung – schaut hin, natürlich.

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