Bilche – eine kleine Gruppe nachtaktiver Schlafmäuse

Bigna Abderhalden Die vier mitteleuropäischen Bilche kommen nur in der Region Engiadina Bassa/Val Müstair vor. Sie werden oft übersehen, und über ihr Vorkommen und ihre Lebensweise bestehen noch viele offene Fragen. Nicht zuletzt können Bevölkerung und Gäste der Region dazu beitragen, mehr über diese kleinen Nagetiere herauszufinden.

Bilche, auch Schlafmäuse oder Schläfer genannt, sind überwiegend nachtaktive Nagetiere. In mehreren Projekten in der Region wird zurzeit der Fokus auf diese kleinen Säuger gerichtet. Einerseits sollen damit aktuelle Forschungsfragen beantwortet werden, andererseits aber auch das Wissen über diese Nager in der Bevölkerung gesteigert werden. Die Projekte haben einen bürgerwissenschaftlichen Ansatz, was bedeutet, dass sich jeder, der Interesse am Projekt hat, beteiligen kann. Ein Beispiel ist die freiwillige Betreuung von Spurentunnels durch die Bevölkerung. Nach einem Workshop im Juli, geleitet von den Expertinnen Sandra Gloor und Anouk Taucher (SWILD), wurden die selbst gebauten Tunnels an Interessierte verteilt und bereits in diesem Jahr an verschiedenen Standorten für mehrere Wochen aufgebaut. Da die Schläfer Ende September in den Winterschlaf gehen, wurden die Tunnels über den Winter sicher verstaut und werden im nächsten Frühjahr wieder aufgestellt. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen der Stiftung Pro Terra Engiadina und dem Verein StadtNatur (SWILD) in Zürich. Ohne die Mitarbeit der Freiwilligen wäre das Projekt nicht durchführbar.

Haselmaus

Die Haselmaus ist der kleinste heimische Schläfer. Sie ist daumengross und meistens haselnussbraun. Der kleine Kopf ohne Gesichtszeichnung und der lange, behaarte Schwanz sind weitere Erkennungsmerkmale der Haselmaus.

Haselmaus
Haselmaus © Conny88_wildenachbarn

Siebenschläfer

Der graue Siebenschläfer hat einen buschigen Schwanz und ist der grösste Bilch der Region. Er hat ausser einem Augenring keine Gesichtszeichnung, was ihn von den kleineren Schläfern unterscheidet.

Siebenschläfer
Siebenschläfer © kleinsaeuger.at

Gartenschläfer

Der Gartenschläfer verschwindet langsam aus dem Flachland Europas. Hier in den Bergen treibt das farbige Tier wie eh und je seine nächtlichen Aktivitäten. Ein schwarz-weiss gestreifter, am Ende buschiger Schwanz, lange Ohren und eine sogenannte Zorro-Maske sind die Kennzeichen des Schläfers.

Gartenschlaefer
Gartenschlaefer © KatrinCuonz_wildenachbarn

Baumschläfer

Der seltene Baumschläfer ist etwa handflächengross, trägt einen grauen, buschigen Schwanz, hat kleine Ohren und ebenfalls wie der Gartenschläfer eine Zorro-Maske. Über seine Lebensweise im Alpenraum ist wegen seiner Seltenheit wenig bekannt. Das Unterengadin und das Münstertal bilden die einzige Region, in welcher der Baumschläfer in der Schweiz nachgewiesen ist. Der romanische Name «Durmigliet tirolais» deutet auf das Vorkommen im benachbarten Tirol und Südtirol hin. Um mehr über diesen kleinen Schläfer zu erfahren, wurde ein Forschungsprojekt gestartet.

Baumschlaefer
Baumschlaefer © JudithEicher_wildenachbarn

Baumschläfer im Rhätischen Dreieck (siehe Infobox)

Im Gebiet des Rhätischen Dreiecks haben sich Kleinsäugerforscherinnen und -forscher zusammengeschlossen, um mehr über den seltenen Baumschläfer zu erfahren. Das seltenste Nagetier der Schweiz wird an je zwei Standorten in der Schweiz, Österreich und Italien untersucht. Mit Nestboxen und Spurentunneln, Wildtierkameras und genetischen Untersuchungen wollen die Forscherenden aus den drei Ländern mehr über die heimlichen Tiere mit den Knopfaugen erfahren. Für die Schweiz wurde ein Standort im Unterengadin und einer im Münstertal ausgewählt. Jetzt, wo die Tiere in den Winterschlaf gegangen sind, wurden die Nestboxen aufgehängt, damit die Nager im nächsten Frühjahr ihre Nester darin bauen können.

Haselnussliebhaber

Das Vorkommen von Schläfern kann nicht nur mit Tierfunden nachgewiesen werden. Da jede der Arten eine andere Technik hat, Haselnüsse anzunagen, können die Nagespuren als Artnachweis verwendet werden. In Kindergärten und Schulen des Unterengadins und Münstertals fand diesen Herbst eine Nussjagd statt. Es wurden Kurstage angeboten, an denen die Kinder die Bilche näher kennengelernt haben. Mit ihrem neuen Wissen können sie Schläfer und andere Nager an ihren Nagespuren erkennen und gemeinsam mit ihren Freundinnen und Freunden einen Beitrag zur weiteren Erforschung dieser heimlichen Tiere leisten.

Melden auch Sie ihre «wilden Nachbarn»

Da Schläfer nachtaktiv sind, werden sie oft übersehen. Forscherinnen und Forscher hoffen auf die Mitarbeit der Bevölkerung und der Gäste in der Region, indem Tierfunde und Beobachtungen fotografiert und gemeldet werden. Diese Meldungen sind ein wichtiger Bestandteil der Forschungsarbeit, da bereits aus anderen Untersuchungen bekannt ist, dass die meisten Feldnachweise durch die Bevölkerung erfolgen. Im Projekt «Wilde Nachbarn» können auch Sie aktiv werden und Ihre Beobachtungen melden. Hier werden Funde von allen «wilden Nachbarn» gemeldet, wodurch das Wissen über das Vorkommen von Eichhörnchen, Mäusen, Schläfern und vielen anderen Tieren erhöht werden kann.

Weitere Infos, wie und wo Sie Ihre «wilden Nachbarn» melden können, finden Sie unter: https://unterengadin.wildenachbarn.ch/

Wohnen Sie in der Region Engiadina Bassa/Val Müstair oder sind Sie häufig hier und wollen Spurentunnels betreuen oder bei anderen Projekten aktiv mitmachen? Dann melden Sie sich bei der Fundaziun Pro Terra Engiadina unter info@proterrae.ch für das Unterengadin und für das Münstertal beim Regionalen Naturpark Biosfera Val Müstair bei linda.feichtinger@biosfera.ch.

Info

Das Projekt «Baumschläfer im Rhätischen Dreieck» ist ein Terra-Raetica-Kleinprojekt und wird administrativ durch die Regio Imst unterstützt. Der Naturpark Ötztal ist Projektträger, in Südtirol sind der Nationalpark Stilfser Joch Projektpartner und die UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair assoziierter Projektpartner für die Region Engiadina Bassa Val Müstair. Die Zusammenarbeit dieser Institutionen wird durch den Arbeitskreis Natura Raetica gefördert. Die Forschenden im Projekt sind Christine und Stefan Resch, apodemus; Eva Ladurner und Federica Lazzeri, externe Mitarbeiterinnen des Naturmuseums Südtirol, Regula Tester, Pro Bilche und Adrian Dietrich, SWILD.

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