Linard Müller ist stolz auf «seine» CNC-gefräste Eingangstüre beim Muzeum Susch.
Linard Müller ist stolz auf «seine» CNC-gefräste Eingangstüre beim Muzeum Susch. © Jürg Wirth

Die Holzspezialisten aus Susch

Jürg Wirth Die Schreinerei Müller in Susch besteht schon seit 1998 und im Familienunternehmen arbeiten Vater Peider und Sohn Linard gemeinsam. Spezialisiert sind sie auf die CNC-Fertigung – auch von aussergwöhnlichen Teilen.

Es war der Schlüssel, der dem Betrieb die Türe zu einer neuen Welt öffnete. Der Schlüssel zur alten Brauerei in Susch, den Peider Müller verwaltete. Eines Tages kam ein Architekt namens Chasper Schmidlin in die Schreinerei und verlangte besagten Schlüssel. Denn seine Auftraggeberin, eine gewisse Grazyna Kulczyk aus Polen, bekundete Interesse an der alten Brauerei. Der Rest ist Geschichte respektive heute das Muzeum Susch mit angegliederten Bauten.

Peider Müller, seines Zeichens letzter Schreiner «In Susch vor Lavin», wie eine Tafel an seinem Betrieb scherzhaft verkündet, durfte nicht nur die alte Brauerei erstmals für die illustren Gäste öffnen, sondern auch tatkräftig an deren Umbau mitarbeiten. «Das war grossartig» erinnert er sich, «wir durften auch sehr spezielle Arbeiten ausführen.» Besonders stolz ist er auf die Bibliothek, die Fenster und die Wabentüre. Nicht nur er ist stolz, sondern auch sein Sohn Linard. Dieser absolvierte in Davos eine Schreinerlehre, arbeitete danach als Zimmermann und konnte, als die ersten Aufträge fürs Muzeum eintrafen, wieder in die elterliche Schreinerei zurückkehren. Eigentlich funktioniere die Zusammenarbeit mit dem Vater gut, sagt er lächelnd. Nebst Linard arbeiten noch sechs andere Leute in der Schreinerei, einer ist Lehrling. Und sie führen auch «klassische» Schreinerarbeiten aus für Leute, die kein Museum haben, also Küchen, Schränke, Treppen und dergleichen mehr.

CNC-Profis

Doch selbstverständlich war Peider auch schon vor dem Bau des Muzeums Schreiner, auch schon innovativ, wie er sagt. Tatsächlich unterrichtete er in der Schreinerlehrwerkstatt in Samedan CNC-Fräsen und besass auch selbst eine solche Maschine, als einer der ersten im Tal. CNC heisst Computer Numeric Control und meint, programmierbare Holzbearbeitungsmaschinen, die auch komplizierte Formen und Profile in einem Schritt herstellen können. Die Wabentüre am Muzeum ist so ein Stück, aber auch die Einzelteile für seine Holzschlitten oder die Fensterrahmen sowie die Bestandteile der Bibliothek im Muzeum. Und Kult war und ist Peider ebenfalls, davon zeugen seine unkonventionellen Aktionen, wo er durchaus mal den Verkehr stoppt mit seiner Strassenarbeitertafel oder auch seine gut besuchten Apéros im Feuerwehrhäuschen. Legendär und unvergessen gar war die After-Party nach der Eröffnung des Muzeums.

Heute ist aber vor allem Sohn Linard fürs Programmieren der CNC-Maschinen zuständig – und das mit Begeisterung: «Eine CNC-Maschine bietet viel mehr Möglichkeiten als eine konventionelle Holzbearbeitungsmaschine», sagt er. Beigebracht habe er es sich vor allem selber, es sei etwas wie «Play-Station spielen», kokettiert er. Vater Peider wendet ein, dass der Junior doch auch einige Kurse in dieser Richtung besucht habe. Auf dem Bürgenstock, nicht im Luxushotel, sondern in der Schreinerschule, die dort schon seit über 100 Jahren existiere.

Ein Blick auf Linards Werk zeigt, er versteht sein Handwerk, ob nun selbst beigebracht oder unterrichtet. Für Aufsehen gesorgt haben schon die Sitzbänke in Form von alten Traktorsitzen, die am Lia-Rumantscha-Jubiläum in Zuoz manche Pause erleichterten. Gemeinsam mit einem rumänischen Designer hat Linard nun die Corona-Bank entwickelt. Eigentlich ebenfalls eine Traktorensitzbank, gespickt allerdings mit kleinen Holzstacheln in Form von Pyramiden, auf dass der Abstand gewahrt bleibe.

Doch Linard entwickelt nicht nur, er gründet auch, und zwar die neue Firma «Dalini». Gegründet hat er das neue Unternehmen zusammen mit seiner Partnerin Karolina Mazur und seinem Bruder Curdin.

Herzstück der neuen Firma sind neben den Ideen Linards die ehemalige Drehbank für Metall, die Linard mit einem Kollegen zur CNC-Drechslerei umgebaut hat. «Ich hab mir erst überlegt, einen Alfa Romeo zu kaufen, mich dann aber doch für die Drehbank entschieden», flachst er. Nun übernimmt er Aufträge für Schreinereien im Tal und setzt eigene Ideen um wie beispielsweise Möbel. Sein Ziel wäre es, seine Arbeiten mal an der Möbelmesse von Mailand zu präsentieren. Was dann für den Betrieb durchaus wieder ein Schlüssel in eine neue Welt sein könnte.

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