Buolf Planta kurz bevor er die Schwerkraft überwindet.
Buolf Planta kurz bevor er die Schwerkraft überwindet. © Mayk Wendt

--- Über den Wolken ---

Jürg Wirth Im Juni finden in Scuol die Schweizermeisterschaften im Gleitschirmfliegen statt. Organisiert wird der Anlass vom örtlichen Gleitschirmclub Corniglias d’Engiadina bassa, zu dem auch Buolf Planta gehört. Er fliegt seit 2016 und bereut es keine Sekunde.

Buolf Planta wollte schon als Kind hoch hinaus und schaffte es auch – zumindest einmal. «Als ich in der 3. oder 4. Klasse war, haben wir mal bei Curdin Roner zu Mittag gegessen», erinnert er sich. Da hätte dieser, ein erfahrener Gleitschirmpilot notabene, gefragt, wer mit ihm am Nachmittag einen Tandemflug machen wolle. Buolf hat sofort zugesagt – und war danach angefixt. Deshalb nahm er sich fest vor, mit 16 die Gleitschirmprüfung zu machen. Doch wie so oft im Leben kam es anders und die Gleitschirmfliegerei rückte in den Hintergrund – vorerst.

Auf dem Hof

So ging er erst mal wieder nach Hause, auf den heimischen Hof Chauenas, idyllisch zwischen Sent und Scuol gelegen, und half wieder im Stall oder bei den anderen Arbeiten. Dass er aber nicht Bauer werden wollte und den Hof nie zu übernehmen gedachte, das wusste er damals schon, und diesen Plan hat er auch umgesetzt. Obwohl ihm die Arbeit mit den Tieren und in der Natur gefallen habe, wie er sagt. Bauern hätten nie Ferien, fügt er halb scherzhaft und halb ernst als Argument gegen diese Berufswahl an. Damals hatte er auch andere Berufsziele respektive Träume: Von einer Laufbahn als Hochseekapitän habe er einst geträumt. Und zugeschaut hat er oft den Gleitschirmfliegern, die hoch über dem Hof kreisten.

Hoch hinaus ist es dann zwar schon gegangen, nach Abschluss der Steiner-Schule in Scuol und einem Austauschjahr im Tessin. Hoch hinaus auf die Häuser oder «der geht auf's Haus», wie diese Berufsgruppe nicht nur im Restaurant sagt. Genau, Buolf hat Zimmermann gelernt. Erstens, weil er gerne mit lebendigen Materialien arbeitet, wie er sagt, und zweitens, weil er gerne zuoberst sei. Und ja, der Adrenalinkick sei auch nicht ganz zu verachten, meint er augenzwinkernd. Gelernt hat er bei Salzgeber in S-chanf, und nach der Lehre war er drei Monate auf Reisen, bis er wieder zurückkam und bei Andi Ovenstone half, die Schreinerei aufzubauen.

Skischuhdoktor

Geholfen hat er vor allem im Sommer, und dies bis ins Jahr 2019. Die Winter verbrachte er in dieser Zeit jeweils in Samnaun, ab und zu auf der Piste, vor allem bei Hangl Sport. Obwohl er dort eigentlich als Skilehrer begonnen hat, weshalb dann der längere Aufenthalt in Samnaun auch zustande kam. Bereits im zweiten Winter war er kaum mehr auf der Piste, sondern fast nur noch im Sportgeschäft. Zum «Skischuhdoktor» sei er geworden, eine durchaus ehrenwerte und weitherum geschätzte Betätigung. Denn Planta konnte nicht nur Skischuhe flicken, sondern vor allem konnte er sie an die Füsse der jeweiligen Träger und Trägerinnen anpassen, ohne dass diese je wieder Schmerzen gehabt hätten.

Schmerzen hatte dann dafür der Doktor, dies nach einem Bandscheibenvorfall im Jahre 2019. Danach war fertig mit der Zimmerei und mit Samnaun auch. Denn Buolf passte fortan die Schuhe für die Kundschaft von Jon Sport in Scuol an und berät dort mit seinem grossen Fachwissen. Schliesslich kennt er sich im Alpinismus aus, auch weil sein Vater Bergführer ist, und weil Buolf selber oft in die Berge ging und immer noch geht.

Ab in die Luft

Wenn er denn geht und nicht fliegt. Denn seit 2016 ist Buolf Planta stolzer Besitzer der Gleitschirmfluglizenz. Dies nicht, weil ihn sein Jugendtraum plötzlich und unvermittelt eingeholt hätte. Es war eigentlich eher Zufall. Er hatte sich mit Corsin Biert zum Klettern verabredet, jedoch brauchte dieser noch Flüge zu zweit für sein Tandem-Brevet. Also flog Buolf einmal mit, dann noch einmal, und danach meldete er sich in der Flugschule Montalin für einen Kurs samt Brevet an. Der Rest ist Geschichte. Bis heute sei er unfallfrei geflogen, sagt Buolf. Auch, weil er bei schlechten Winden eben wieder mit der Bahn runterfahre und nicht zwanghaft fliegen müsse. Und weil er eher weniger Risiken eingeht. Biken sei für ihn viel gefährlicher, gibt er unumwunden zu, denn dort nimmt er volles Risiko. Auch deshalb, weil er nicht so weit vom Boden entfernt ist wie beim Fliegen. Dass er beim Fliegen aber so weit vom Boden entfernt ist, macht gerade die Faszination dieses Sportes aus, wie er erklärt. «Plötzlich wirkt das Engadin nicht mehr schmal und eng, sondern offen und breit.» Es sei schon faszinierend, wenn man mit einer leichten Kopfdrehung die Wildspitze, Ortler, Piz Palü, Piz Buin und den Piz Linard erblicken könne. Auch die absolute Ruhe, die man in der Höhe erfahre, beeindrucke ihn jedes Mal aufs Neue.

Es gäbe aber durchaus auch Situationen, wo man sich in die Hosen machen könnte, sagt er. Wenn zum Beispiel unerwartete Turbulenzen aufträten, «Luftlöcher», obwohl dieser Begriff nicht korrekt ist. Grundsätzlich aber sei Fliegen ungefährlich, wenn man alles richtig mache und etwas Zurückhaltung übe. Auch sei das Fliegervolk ein sehr angenehmes Volk. Hilfsbereit seien sie und sehr kollegial. Dies hat Planta schon auf zahlreichen Auslandsflügen mit Freuden festgestellt. Auslandsflug heisst hier, dass er wohl zuerst mit dem Flieger ins Ausland geflogen ist, dort dann aber mit dem Gleitschirm abgehoben hat.

Davon überzeugen, dass das Fliegervolk wirklich nett und hilfsbereit ist, können sich bald noch viel mehr Menschen als nur Buolf Planta. Nämlich an den Schweizermeisterschaften im Gleitschirmfliegen. Da Buolf im OK stark engagiert ist, fliegt er dort nicht wettkampfmässig mit, obwohl er immer noch hoch hinaus will.

Happy Landings.

Gleitschirmballett.
Gleitschirmballett. © Mayk Wendt
Schweizermeisterschaften im Gleitschirmfliegen in Scuol, 27. Juni bis 3. Juli

Nebst den Wettkämpfen in der Luft gibt es an den Meisterschaften die folgenden Attraktionen:
– Akkro-Shows
– Schnuppermöglichkeiten
– Tandemflüge
– Testmöglichkeiten für lizenzierte Piloten
– Vorträge und Konzert an der Talstation
– Festwirtschaft eine Woche lang

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