Gian-Luca Leoni ist der Mann für Zweifel.
Gian-Luca Leoni ist der Mann für Zweifel. © Jürg Wirth

Unterwegs für Zweifel

Jürg Wirth Gian-Luca Leoni ist der Zweifel-Mann in der Gegend. Mit seinem Kleinlastwagen beliefert er Läden und Restaurants von Samnaun bis Sils und von Poschiavo bis nach Val Müstair. Dabei hat er sich profunde Kenntnisse der verschiedenen Sprachen und Vorlieben angeeignet.

Sie nennen ihn «Chipsly», «Paprika» oder «Luca Zweifel». «Kaum jemand kennt meinen ganzen Namen», erzählt der Mann. Deshalb wollen wir hier als Erstes Abhilfe schaffen und seinen Namen nennen: Gian-Luca Zwe…. Äh Leoni heisst er und ist Gebietsvertreter und -verkäufer für die Firma Zweifel. Deshalb die zu Beginn erwähnten Kalauer. Allerdings verkauft die Firma Zweifel, respektive Gian-Luca, schon lange nicht mehr nur Chips, doch dazu später mehr.

Leoni sei ursprünglich ein Adelsgeschlecht aus dem Norden Europas, hat Gian-Luca recherchiert. Verwandt ist er weder mit dem einstigen Goalie des FCZ noch mit dem Schlagzeuger der Rockband «Gotthard».

Seine Verwandten sind primär im Friaul, in San Martino Tagliamento. Dorthin ist er mit seiner Familie gezogen, als er zwei Jahre alt war. Die ersten beiden Lebensjahre hat er gemeinsam mit seiner Familie in Genf verbracht. In San Martino hat er auch die Schule besucht und eine Ausbildung zum Koch absolviert, die er im zarten Alter von 14 Jahren bereits abgeschlossen hat. Mit 15 kehrte er dem Friaul den Rücken und machte sich auf, die Welt der Gastronomie zu entdecken. Seine erste Station war Strassburg im Elsass. Von da ging es weiter nach Mailand, dann nach Arosa. Dies immer, weil einer der Manager des Restaurants in Strassburg auch noch an den anderen Betrieben beteiligt war. In Arosa war er zwei Jahre und mit 19 zog ihn das italienische Militär ein. «Gebirgsartillerie» sei seine Truppe gewesen, sagt er. Nach dem Militär ging er wieder nach Arosa – im Winter und im Sommer nach Lugano.

Da zeichnete sich langsam der Wechsel ins Engadin ab, denn seine damalige Frau arbeitete im Hotel Bellaval. Weil sein Chef im Tessin ein Kollege von Altana-Direktor Edwin A. Lehman war, verhalf ihm dieser zu einer Winterstelle ebendort.

Von Lugano nach Scuol

Es mag nun Leute geben, welche die Unterengadiner als eher zurückhaltend oder gar wortkarg einschätzen. Gian-Luca gehört garantiert nicht zu denen, ganz im Gegenteil. «Das Klima in Scuol hat mir sofort super gefallen», weiss er noch. Die Leute seien sehr offen. Dass auf der Strasse alle grüssen, habe ihn zu Beginn etwas irritiert und er fragte seine Frau immer, ob sie die Leute kenne. Tat sie nicht, zumindest am Anfang nicht, mit der Zeit dann allerdings schon, genauso wie Gian-Luca. So fiel ihm der Umzug nach Scuol leicht. Darauf arbeitete er im Altana, als Küchenchef im Bellaval und führte drei Jahre, bis ins Jahr 2008, das Trü. Damit war er bereits 20 Jahre in der Gastronomie und begann deshalb, sich nach einem Job im Aussendienst umzusehen. Er machte aber erst noch einen Zwischenstopp beim Maler Not Neuhäusler, wo er erst für die Logistik verantwortlich war, später dann auch noch Böden verlegte. Bis es dann nach einem ersten erfolglosen Versuch im zweiten Anlauf bei Zweifel klappte.

Der Mann für Zweifel

Die Chips-Hersteller suchten einen Mann im Aussendienst für Südbünden. Tatsächlich reicht Gian-Lucas Gebiet von Samnaun bis nach Sils Maria und vom Poschiavo bis nach Val Müstair, also auch über verschiedene Sprachgebiete. Und seine Verkaufspalette weit über Chips hinaus, hin zu Biberli, Kägi fret, Nüssli, Vogelnestli, Linzertörtli, und so weiter, und so weiter.

Vor ihm seien immer Leute aus dem Unterland auf diesem Posten gewesen, die nur Deutsch sprachen, die letzten zwei Jahre vor ihm deren fünf nacheinander. Gian-Luca aber beherrscht Deutsch, Romanisch, Italienisch, Portugiesisch und wenn es sein muss auch Französisch, hatte also schon einen erheblichen Startvorteil. Zudem spricht er auch noch Südtiroler- oder Tiroler-Dialekt, je nachdem, wo er ist. Spreche er seine Kundschaft in deren Muttersprache an, sei das Eis bereits gebrochen und der Verkauf schon fast unter Dach und Fach, schmunzelt er. Daneben beherrscht er auch die lokalen Unterschiede im Vallader sowie im Jauer, also dem Dialekt oder Idiom im Val Müstair. So hiessen Guetsli im Unterengadin Pastinas, Pajas im Val Müstair und Papats von Zernez an aufwärts. Biéra anstatt Birra sagten sie im Val Müstair und Clocca anstatt Buttiglia. Leoni ist also nicht nur Experte für sämtliche Produkte von Zweifel, sondern auch für die Feinheiten der Sprache in der Region. Und mit der Sprache und der Region verändern sich auch die Essgewohnheiten der Leute. Im Val Müstair und Samnaun würde er zu 90 Prozent Paprikachips verkaufen, dabei liege der Schweizer Durchschnitt lediglich bei etwa 66 Prozent Paprika. Im Puschlav hingegen liefen die salzigen Chips besser, rund 60 Prozent mache deren Anteil dort aus.

Leoni weiss, was seine Kundschaft will.
Leoni weiss, was seine Kundschaft will. © Jürg Wirth

Steigender Umsatz

Kein Wunder also, dass sein Geschäft gut läuft. Seinen Anfangsumsatz habe er bereits um 40 Prozent steigern können, erklärt er nicht ohne Stolz. Trotzdem will er nicht auf Teufel komm raus Umsatz bolzen. So holt er zu potenziellen Neukunden erst Informationen ein. Nicht auf dem Betreibungsamt oder im Handelsregister, sondern beim «Radio Cumün», wie er schmunzelnd sagt.

Die Umsatzsteigerung gelingt ihm auch dank seiner eigenen Erfahrung in der Gastronomie und seiner guten Wahrnehmung. Immer wieder könne er den Betrieben Tipps geben, was sie noch brauchen könnten oder welche Produkte sie besser ersetzen oder streichen. Dies nicht ganz uneigennützig. Denn die Läden und Restaurants dürfen die abgelaufenen Produkte zurückgeben, jedoch wird das vom Umsatz der Verkäufer von Zweifel abgezogen, was schlussendlich den Bonus schmälert.

Für höhere Umsätze erbringt er jedoch auch einen grossen Aufwand. Davon zeugen alleine schon die rund 38'000 Kilometer, die er jährlich mit seinem Zweifel-Lieferwagen zurücklegt.

Vor allem aber verkauft er so gut, weil ihm die Arbeit gefällt. Am meisten an seinem Job gefällt ihm die Freiheit. «Ich bin viel unterwegs und auch draussen. In der Gastronomie habe ich 22 Jahre in der Küche gearbeitet, da siehst du die Sonne nie.» Da macht es dann auch nichts, wenn nicht alle Leute seinen Nachnamen kennen. Obwohl sie das ja jetzt könnten.

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