Rémy und Lucie Bailloux mit Georg Hammer und den von Lucie kreierten Weihnachtstorten.
Rémy und Lucie Bailloux mit Georg Hammer und den von Lucie kreierten Weihnachtstorten. © Jürg Wirth

Feinkost aus Ardez

Jürg Wirth Im Café Carsuot in Ardez hat sich das Team von «Garde-Manger» eingerichtet. Zu dritt produziert es Leckereien wie Geflügelpasteten und herrliche Patisserie.

Auerhahn-, Gems- oder Geflügelpastete, aber auch eine selbst gemachte Pavlovatorte oder eine Zitrusfrüchtetorte - und das alles aus Ardez. Kann nicht sein, denken Sie vielleicht. Ist aber so, sage ich, denn ich hab’s mit eigenen Augen gesehen. Gut, weder der Auerhahn noch das Geflügel, sprich Fasan oder Rebhuhn sowie die Zitrusfrüchte stammen aus Ardez, alle anderen Spezialitäten, die sie verarbeiten, jedoch schon oder dann aus der Region. Und die Produktion findet in Ardez statt. Im ehemaligen Café Carsuot haben sich jetzt die Leute von «Garde-Manger» eingerichtet. «Garde-Manger» bedeutet etwa so viel wie «Essen aufbewahren» und meint eigentlich ein altes Möbel, in dem früher die besten Esswaren versorgt wurden.

Dass der Name Französisch ist, ist kein Zufall, schliesslich sind es zwei Drittel des Teams auch. Das sind die Geschwister Lucie und Rémy Bailloux, die in Guarda wohnen und mit ihnen Georg Hammer aus Solothurn, jetzt im Oberengadin wohnhaft. Zu dritt haben sie letztes Jahr begonnen, sich mit Haut und Haar der Produktion von Spezialitäten und Leckereien verschrieben. Erstaunlich dabei ist, dass sie sich nicht während einer Kochlehre oder einer anderen Arbeit im Gastrobereich kennengelernt haben, sondern beim Wirtschaftsstudium an der HSG St. Gallen, also zumindest Rémy und Georg. Aber auch Lucie, welche für die herrlichen Torten verantwortlich ist, war nicht von Anfang an Patissière. Auch sie studierte zuerst Wirtschaft in Lausanne. Alle drei waren nach ihren Studien für kurze Zeit in ihrem Beruf tätig, Lucie im Finanzbereich, die Männer im Einzelhandel, alle bei Unternehmen, die sich im Zusammenhang mit Garde-Manger nicht so gut machen. «Eigentlich waren Studium und Arbeit langweilig», fasst Lucie ihren Auftakt in die Berufswelt zusammen. Schon immer fasziniert hat sie hingegen das Handwerk der Patissière, also entschloss sie sich, ihr Interesse zum Beruf zu machen und schrieb sich für die einjährige Ausbildung in Paris ein.

Jagen und kochen

Georg und Rémy kompensierten die generelle Langeweile mit regelmässigen Jagdausflügen. Zum Teil in Savoyen, der Heimat von Rémy und Lucie, in Graubünden, aber auch weiter weg, zum Beispiel im Norden. Von dort kommen auch die Auerhähne und das andere Geflügel, welches Eingang in die Pasteten findet. Geschossen hat es Rémy selber und es danach auch importiert. Nach dem Ausflug in den Einzelhandel machte Rémy seine Leidenschaft zum Beruf respektive teilte sie mit anderen oder liess andere daran teilhaben. Er organisierte Jagdreisen für Interessierte, vornehmlich in den Norden. Dies tut er auch heute noch und steht so finanziell auf sicheren Beinen.

Nebst der Leidenschaft fürs Jagen stand aber immer auch die Vorliebe für gutes Essen und gute Produkte im Vordergrund. Schon zu Hause hätte ihre Mutter immer ausgezeichnet gekocht, erinnern sich die Geschwister, und in Georg fanden sie einen Freund, der ihre Leidenschaft für gutes Essen teilt. Ihre Vorlieben wollten sie beibehalten und begannen deshalb, erstklassige Produkte zu importieren und daraus noch bessere herzustellen – «Garde-Manger» war geboren. Anfangs hatten sie 15 Produkte im Sortiment, nach und nach weiteten sie dieses aus und begannen eigene Leckereien herzustellen. Die erste Verkaufsstelle eröffneten sie in Zürich, liebäugelten aber schon immer mit dem Unterengadin. Denn die drei haben starke Verbindungen zu der Gegend und einen Grossteil ihrer Kindheit hier verbracht: die Bailloux kamen für fast alle Ferien mehrmals pro Jahr nach Guarda, und Georg ist teilweise in S-chanf gross geworden. Eher per Zufall erfuhren sie, dass das «Carsuot» in Ardez wegen der Corona-Krise nicht mehr öffnen würde, und sie konnten übernehmen. Erst befristet, mittlerweile mit offenem Ausgang. So verbrachten sie praktisch den ganzen November in der Küche des Cafés. Kochten, pröbelten und versuchten, bis sie mit ihren Spezialitäten zufrieden waren. Nun gibt es in Ardez besagte Pasteten, ausgesuchte Spezialitäten, Brioches und weitere Patisserie. Und weil alle drei über einen Wirtschaftsabschluss verfügen, wäre eine Geschäftsaufgabe aus finanziellen Gründen noch viel überraschender als die Auerhahnpastete.

Und das Beste am Ganzen: Die von Lucie kreierten Torten für Weihnachten können bestellt werden, weitere Infos unter:

garde-manger.ch

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