Zwei der diesjährigen Infomobilistinnen.
Zwei der diesjährigen Infomobilistinnen. © SNP

Aus dem Leben zweier Infomobilistinnen

Silja Holdener, Flavienne Landolt Der Schweizerische Nationalpark (SNP) ermöglicht jedes Jahr einigen Studentinnen und Studenten der Universität Zürich ein Praktikum im Infomobil. Während der Sommersaison werden die vielen Besuchenden mitten im Park empfangen und darüber informiert, was es wo zu entdecken gibt.

Morgens um 8 Uhr beginnt der Tag im Schloss Planta-Wildenberg in Zernez. Ausgerüstet mit Tagesverpflegung, Kasse und dem aktuellen Wetterbericht geht es mit dem Postauto auf zum Infomobil (vom 5.7.21 – 23.8.21 bei Il Fuorn und vom 24.8.21 – 6.10.21 bei der Punt da Scrigns am Eingang zur Val Trupchun).

Dort angekommen, werden die Klappen geöffnet, das Relief abgedeckt, das Kindermodul ausgepackt, die Artikel ausgelegt und das Fernrohr ausgerichtet. Manchmal geht dies gemütlicher vonstatten, manchmal kommen aber schon die ersten Gäste vorbei und Multitasking ist angesagt. Durch die mit Informationen gespickte Einführungswoche wurden wir bestens auf alle möglichen Fragen vorbereitet. Am häufigsten beantworten wir, wo sich die verschiedenen Tiere aufhalten, ob Bär und Wolf gerade im SNP unterwegs sind und was man durch unser Fernrohr sehen kann. Je nach Besucherin oder Besucher schweift man auch gerne mal ab und diskutiert, wie das Familienleben gerade so läuft oder philosophiert über die sich ständig wandelnde Welt und den Klimawandel. Dabei wurde schon einige Male die Zeit vergessen und das Postauto fast verpasst.

Das Infomobil, bereit für die Gäste.
Das Infomobil, bereit für die Gäste. © SNP

Bunte Gästemischung

Während der Tag vergeht, haben wir Kontakt mit einer kunterbunten Mischung von Besucherinnen und Besuchern. Dies reicht von Familien über junge Pärchen, Alleinreisende, Ehepaare, Freundes- und Seniorengruppen bis hin zu Velo-, Töff- und Cabriolet-Fahrern. Gewisse wandern seit Jahren im Nationalpark und erzählen von ihren schönsten Erlebnissen, während andere nicht einmal wissen, dass sie sich gerade im SNP befinden. Immer wieder müssen wir auch Hundehalter und Biker auf die Wege ausserhalb des Parks verweisen. Dies verlangt manchmal einiges an Kommunikationsgeschick und Feingefühl. Zusätzlich zu den verschiedenen Charakteren werden wir auch sprachlich herausgefordert. Mittlerweile kennen wir die häufigsten Tier- und Pflanzenarten nicht nur mit deutschem Namen, sondern auch auf Französisch, Italienisch und Englisch.

Die optimale Wanderroute

Ebenfalls beraten wir die Gäste oft zu den 21 Wanderrouten im SNP. Die heissesten Wandertipps führen über die Routen Margunet, Munt la Schera, Champlönch und in die Val Trupchun. Für Fitte und Motivierte bietet sich auch die wunderschöne Wanderung über den Murter-Sattel oder über die Macun-Seenplatte an. Da dieses Jahr die Chamanna Cluozza umgebaut wird, besteht die einzige Möglichkeit im Park zu übernachten darin, im Hotel Il Fuorn einzuchecken. Weil sich das Infomobil vis-à-vis des fast stets ausgebuchten Hotels befindet, gibt es Gäste, welche täglich vorbeikommen und die man ein bisschen besser kennenlernt.

Ebenfalls lernen wir alle Mitarbeitenden des SNP kennen. Die Damen des Besucherzentrums, die acht Parkwächter, einige Exkursionsleiterinnen und -leiter sowie diverse Forschende besuchen uns und halten uns mit Neuigkeiten über den Park auf dem Laufenden.

Dauernde Abwechslung

Während den ruhigen Minuten am Tag kommen wir dazu, unser Sortiment oder Fachbücher zu studieren, um sich wieder neue interessante Fakten anzueignen. Unser Sortiment ist hauptsächlich auf Wanderfreudige und Naturbegeisterte ausgelegt: Mützen, Feldstecher, Wanderkarten, diverse Bücher über die Natur und Souvenirs wie Postkarten, Plüschtiere und T-Shirts. Was zur Enttäuschung einiger Besuchenden nicht verkauft wird, sind die sechs ausgestellten Trophäen, an denen wir den Gästen die Unterschiede von Horn- und Geweihträgern erklären können. Ausserdem nutzen wir die Zeit, etwas zu essen und mit dem Feldstecher und Fernrohr die Berghänge abzusuchen. Neben der wunderbaren Aussicht und der frischen Bündner Bergluft, welche uns bei der Arbeit ständig begleiten, gibt es auch so einige andere Highlights zu erleben. Die Steinadler sitzen immer wieder im Horst an der Felswand hinter dem Hotel und können genaustens durch das Fernrohr beobachtet werden. Mit etwas Glück ziehen die Steinadler und Bartgeier auch ihre Kreise durch die Luft und Gämsen und Hirsche können beim Äsen erspäht werden. Ein grosses Highlight war der erste Flug des jungen Steinadlers (ein wenig «unser» Baby) am 18. Juli.

Auch brenzlige Situationen

Wie bei allen Jobs gilt es auch hier bei einigen Dingen, die Geduld zu bewahren und Probleme zu meistern. Das alleinige Abheben des Reliefdeckels braucht etwas Übung, kann aber durch hilfsbereite Gäste zum Glück sehr erleichtert werden. Auch um eine WC-Pause zu machen, muss man auf vertrauenswürdige Besuchende hoffen, was aber bei unseren Gästen glücklicherweise sehr häufig der Fall ist. Diesen Sommer haben wir mit dem Wetter etwas Pech. Die Kälte ist schwer zu bekämpfen, da wir während der Arbeit hauptsächlich stehen und uns nicht vom Infomobil entfernen können. Wenn das Wetter zu regnerisch zum Wandern ist, wird das Infomobil geschlossen und wir dürfen im Besucherzentrum in Zernez mithelfen. Wir sind hauptsächlich für das Erklären und Verteilen der Audioguides zuständig, aber übernehmen auch ab und an die Kasse und beraten die Gäste.
Der Infomobiltag endet jeweils mit einer abenteuerlichen Postautofahrt. Gewisse Chauffeure werden nicht ohne Grund liebevoll als «Rennfahrer» bezeichnet.

Es ist zu bemerken, dass immer nur eine Person im Infomobil arbeitet. Die andere leitet die Natur(g)wunder Exkursion, hilft Mitte Juli beim Nationalpark Kino-Openair, erarbeitet ein kleines Projekt für das Infomobil oder geniesst die Freizeit in der schönen Bergwelt. Es ist oft eine strenge Freizeit, denn man «muss» in so einer schönen Bergregion halt immer die Bergwelt erkunden oder das kulturelle Angebot nutzen.

Kurzum sind wir sehr froh, dieses Praktikum beim SNP machen zu dürfen und profitieren nicht nur an Erfahrung für unsere Studiengebiete, sondern auch ganz persönlich.

Blick in den Nationalpark während der Natur(g)WUNDER-Exkursion.
Blick in den Nationalpark während der Natur(g)WUNDER-Exkursion. © SNP

Das könnte Sie auch interessieren