Der Frühling eignet sich bestens für Skitouren, wie etwa zur Chamonna Tuoi, welche neu von Denise Tinner geführt wird.
Der Frühling eignet sich bestens für Skitouren, wie etwa zur Chamonna Tuoi, welche neu von Denise Tinner geführt wird. © Andrea Badrutt, Chur

Frühlingsskitouren sind die schönsten Touren

Jürg Wirth Unten blühen schon fast die Krokusse, aber oben liegt noch ausreichend Schnee. Zeit für Frühlingsskitouren, etwas vom Schönsten beim Skitourengehen – wenn man einige Punkte beachtet.

Wenn sich der Winter langsam in die höheren Lagen zurückzieht und im Tal bereits das erste zarte Grün erscheint, dann kommt er erst – der Höhepunkt der Skitourensaison.

Viele begeisterte Skitourengänger*innen freuen sich den ganzen Winter über auf diese Zeit. Weil dann die Sonne bereits etwas wärmt; weil das Kontrastprogramm ungleich grösser ist als im Winter, wenn es unten und oben gleich weiss ist. Nicht selten startet man die Frühlingstouren quasi auf der Wiese oder dem Wanderweg, um dann höher und höher und tiefer und tiefer in die Winterlandschaft einzutauchen. 

Im Frühling sind die Abfahrten fast wie Surfen.
Im Frühling sind die Abfahrten fast wie Surfen. © Andrea Badrutt, Chur

Sulz und Pulver für Rudi Müller

Stiebender Pulverschnee ist dann kaum mehr zu finden, dafür im besten Fall leicht «angesulzte» Hänge, wie das der Fachjargon nennt. Angesulzt heisst, dass die nach einer klaren Nacht durchgefrorene Schneedecke durch die Sonneneinstrahlung im oberen Bereich etwas angetaut ist. Dadurch fährt man auf einer leichten Sulzschicht, während die Schneedecke darunter nach wie vor gefroren ist. Wartet man zu lange mit der Abfahrt oder war die Nacht nicht kalt genug, so ist die ganze Decke aufgetaut und die Abfahrt entsprechend mühsam und auch gefährlich, weil dann die Gefahr von Nassschneelawinen lauert. 

Auch Rudi Müller, Sekundarlehrer und Bergführer in Fuldera, kann es jeweils kaum erwarten, bis es auf die Frühlingsskitouren geht. «Für mich sind Frühlingsskitouren die schönsten Touren», proklamiert er denn auch. Er mag es, dass dann die Sonne schon intensiver scheint und stärker wärmt und die Kleidung leichter wird. Dass die Tage länger sind und man deshalb auch längere Touren machen kann. Er warnt aber auch vor der höheren Lawinengefahr. «Und», so fügt der erfahrene Tourengänger – 35 bis 40 Skitouren unternimmt er pro Winter – noch an, «wenn man die Route gut wählt, hat man oben Pulverschnee und unten Sulz.» Aber eben die Sache mit den Lawinen … Tatsächlich sei die richtige Zeitplanung sehr wichtig, betont Müller. Man müsse früh los, damit man wieder früh zurück sei. Nur so könne man den Nassschneelawinen ausweichen, die sich jeweils am Nachmittag zu lösen beginnen. In unmittelbaren Kontakt oder Gefahr durch eine Nassschneelawine sei er noch nie gekommen. Einmal aber sei ein Hüttenzustieg arg verschüttet gewesen, weil kurz zuvor eine Lawine zu Tal gedonnert sei. 

Nicht zu unterschätzen sei auch die Sonne, weiss Müller aus eigener Erfahrung. Alles habe er eingecremt gehabt, ausser den Unterarmen. Prompt seien diese krebsrot gewesen nach der Tour, erzählt er schmunzelnd.

Und welches sind denn die Lieblingsberge von Rudi Müller im Val Müstair? Er will nicht alles verraten, doch den Piz Chavalatsch und den Piz Terza lässt er sich entlocken. Am Chavalatsch fasziniert ihn vor allem der 360-Grad-Rundumblick vom Gipfel aus. Und ob es oben viele Leute hat, lässt sich immer anhand der Gipfel-Webcam überprüfen. Am Terza schätzt er die relative Sicherheit des Aufstiegs. Diese Tour könne man praktisch immer gehen, sagt er.

Stiebender Pulverschnee oder eine dünne Firnschicht – im Frühling ist beides möglich.
Stiebender Pulverschnee oder eine dünne Firnschicht – im Frühling ist beides möglich. © Andrea Badrutt, Chur

Firnsurfen für Marco Steinemann

Auch Marco Steinemann, Bergführer bei der Bergsportschule Grischa, liebt die Frühlingsskitouren. Er findet es wunderbar, den Tag erwachen zu sehen. Das Allerschönste für ihn an Frühlingsskitouren aber sind die pistenartigen, glatten Hänge, bei denen durch das Erwärmen der Sonne der Firn entsteht. Dies geschieht, wenn die harte Schneeschicht durch die Sonnenerwärmung nur wenige Zentimeter aufgeweicht wird. Dies löst beim Fahren ein Gefühl wie beim Surfen aus und dazu gehört natürlich auch der anschliessende Apéro bei angenehmen Temperaturen.

Besonders zu beachten ist laut Steinemann aber auch, dass die Touren wegen der starken Erwärmung tagsüber frühzeitig gestartet und beendet werden. Durch die tageszeitliche Erwärmung wird der Schnee durchnässt und es können Nassschneelawinen niedergehen. Mit diesem wichtigen Hinweis schliesst er sich der Aussage von Rudi Müller an. Wichtig sind auch die Harscheisen im Rucksack, weil am Morgen die Schneeoberfläche sehr hart ist und je nach Gelände ein Abrutschen oder Abstürzen weitreichende Folgen haben kann.

Als lohnendste Ziele im Unterengadin gibt er alle an, die auch im Hochwinter begangen werden können. Besonders empfehlenswert findet er den Piz Arina. 

Firnsurfen in Reinkultur.
Firnsurfen in Reinkultur. © Marco Steinemann

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