5 Fragen an Chatrina Gaudenz

Sie sind von Lavin nach Zürich gezogen, auch ein Exodus? Ja, der Aufbruch aus dem Engadin nach Zürich war für mich ein Gang ins Ungewisse, verbunden mit Abenteuerlust, der Möglichkeit zu scheitern, Heimweh etc. Mein Nachbar in Lavin sagte einmal: «Es ist wie mit den Fröschen. Für alle ist der Teich zu klein. Ein paar müssen gehen. Vielleicht kommen sie irgendwann zurück.»

Aber die Freiheit in Zürich ist grösser als die in Lavin? Nein, die Freiheit als solche nicht. Es gab Freiheiten, die ich als Kind in Lavin sehr genoss. Sie fehlen mir in Zürich. Aber in Zürich entdeckte ich die Freiheit in der Beziehung mit sehr unterschiedlichen Menschen. Die Optionen an Bekanntschaften sind grösser, als sie es vor gut 50 Jahren im Unterengadin waren. Zudem sind die Uni und die Zentralbibliothek gerade um die Ecke. Das sind die Freiheiten, die ich in Zürich geniesse.

Auch die Geflüchteten wollten in die Freiheit aufbrechen, wie sieht es in der Realität aus? In seinem Buch: «Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn» beschreibt Zekarias Kebraeb, wie er seine Heimat Eritrea mit dem Ziel Europa verlässt. Im Film sagt er dazu: «Ich suchte die Freiheit in Europa und merkte, als ich hier war, dass ich nicht alles machen darf, was ich machen könnte oder möchte.» Es lag noch ein weiter Weg vor ihm, bis er sich hier einigermassen frei fühlte.

Wie war das Zusammenspiel im Film mit den Geflüchteten, ihren Erfahrungen und den Studierenden der Komposition? Mir ist aufgefallen, wie zielgerichtet, effizient und einem bestimmten Muster folgend die Studierenden ans Komponieren gingen. Die geflüchteten Menschen dagegen erzählten, auch ausschweifend von der gemachten existenziellen Erfahrung. Da prallten schon unterschiedliche Welten aufeinander.

Apropos Frösche und zurückkommen, könnten Sie sich vorstellen, im Engadin eine Pfarrstelle anzutreten? Ja, klar. Gerne. Das habe ich mir auch schon mehrmals überlegt. Im Moment sind meine Söhne 19 und 16 Jahre alt. Deswegen ist dieser Wechsel jetzt gerade ungünstig. Aber wenn die beiden älter sind (hoffentlich nicht grösser, beide sind jetzt schon 1.92 Meter), komme ich zurück.

Chatrina Gaudenz stammt aus Lavin und ist Pfarrerin an der Grossen Kirche Fluntern in Zürich. Unter anderem hilft sie beim Unterricht von geflüchteten Menschen in Deutsch. Einige von ihnen spielen nun im Dokumentarfilm «Exodus» mit, welcher sich auf den biblischen Auszug aus Ägypten bezieht. Studierende komponieren zum Thema und die Geflüchteten lassen die Erfahrungen ihrer wahren Flucht einfliessen. Im Film treffen somit verschiedene Erfahrungen und Welten aufeinander. Gezeigt wird er am Sonntag 25. Mai 2025 um 11.15 Uhr im Cinema Staziun Lavin. www.staziun-lavin.ch
Chatrina Gaudenz stammt aus Lavin und ist Pfarrerin an der Grossen Kirche Fluntern in Zürich. Unter anderem hilft sie beim Unterricht von geflüchteten Menschen in Deutsch. Einige von ihnen spielen nun im Dokumentarfilm «Exodus» mit, welcher sich auf den biblischen Auszug aus Ägypten bezieht. Studierende komponieren zum Thema und die Geflüchteten lassen die Erfahrungen ihrer wahren Flucht einfliessen. Im Film treffen somit verschiedene Erfahrungen und Welten aufeinander. Gezeigt wird er am Sonntag 25. Mai 2025 um 11.15 Uhr im Cinema Staziun Lavin. www.staziun-lavin.ch © zvg

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