Die Bilder mit Jachen Schlegel entstanden anlässlich einer Reportage über die Steinbockjagd.
Die Bilder mit Jachen Schlegel entstanden anlässlich einer Reportage über die Steinbockjagd. © Jürg Wirth

Was es braucht für die Jagd

Jürg Wirth Am 3. September beginnt die Hochjagd in Graubünden. Für viele Jägerinnen und Jäger die schönste Zeit des Jahres. Doch was braucht es überhaupt, um auf die Jagd gehen zu können? Das ALLEGRA hat bei fünf Jägerinnen und Jägern nachgefragt und präsentiert hier die exklusive Materialliste.

Mengia Caviezel (58) kommt aus Müstair und geht seit dem Jahre 2001 regelmässig auf die Jagd. Die Prüfung sei schwierig gewesen, aber das sei schon gut so. Bei ihr ist das die Leidenschaft, sagt sie. Sie sei gerne in der Natur draussen, beobachte dann Natur und Tiere, aber klar wolle sie auch was schiessen. Doch Jagen sei eben nicht nur Jagen, respektive Tiere schiessen, wichtig sei auch die Hegearbeit im Frühling. Auf die Jagd geht sie oft mit der ganzen Familie, denn alle seien sie passionierte Jäger. Tagsüber würden alle für sich jagen, am Abend kämen sie dann aber in der Hütte zusammen, essen gemeinsam und tauschen Geschichten aus, das schätzt sie ganz besonders.

Besonders stolz ist Mengia Caviezel auf ihren Rucksack der Sattlerei Pitsch aus Müstair.
Besonders stolz ist Mengia Caviezel auf ihren Rucksack der Sattlerei Pitsch aus Müstair.

Jachen Schlegel lebt in Guarda und ist seit 1976 auf der Jagd. «Ich bin ein angefressener Jäger», sagt er von sich selbst, auch wenn er dieses Jahr wahrscheinlich auslassen muss, da er an einer Hochzeit in Portugal eingeladen ist. Allerdings hat Schlegel immer mehr Mühe mit der Jagd, wie sie heute ist. Zu viele Regeln und Vorschriften gäbe es heutzutage, auch sei die Kollegschaft unter den Jägern nicht mehr so stark, dafür der Neid immer grösser. Dazu kommt, dass seine langjährigen Jagdkumpanen mittlerweile nicht mehr auf die Jagd gehen oder gar gestorben sind. Früher habe man vor allem von der Hütte aus gejagt, heute passiere das mehr von zu Hause aus, was nicht dasselbe sei.

Jachen Schlegel ist stolzer Besitzer einer grünen Hose der Tuchfabrik Trun.
Jachen Schlegel ist stolzer Besitzer einer grünen Hose der Tuchfabrik Trun. © Jürg Wirth

Mirco Hänny kommt aus Lavin, ist 30 Jahre alt und seit dem Jahre 2001 aktiver Jäger. Auf der Jagd war er aber schon vorher, als er mit Vater und Grossvater mitging. Beides ebenfalls passionierte Jäger. So sei er denn auch zur Jagd gekommen, sagt er. Daneben spiele aber auch die Naturverbundenheit eine wichtige Rolle, er sei gerne in der Natur draussen. Als Präsident des Hegebezirks 9 ist er auch viel mit der Hege beschäftigt. So richtig auf den Geschmack sei er allerdings erst gekommen, als er sich auf die Jagdprüfung vorbereitete.

Wichtig ist ihm auch die Fleischgewinnung auf der Jagd. Zu 90 Prozent esse er selbst erlegtes Wild, da wisse er, woher das Tier komme und wie es gestorben sei. Auch deshalb sei er Jäger geworden.

Mirco Hänny ist Jäger und Heger.
Mirco Hänny ist Jäger und Heger.

Martin Valsecchi aus Samnaun ist nicht nur aktiver Jäger, sondern auch noch Aktuar im dortigen Jagdverein. Das Jagen sei ihm in die Wiege gelegt worden, er gehört zur dritten Jagdgeneration in der Familie und die vierte, nämlich sein Sohn, ist ebenfalls schon aktiv. Allerdings würden sie nicht zusammen auf die Jagd gehen, jedenfalls nicht regelmässig, ab und an mal käme das aber trotzdem vor. Ihm gefällt es, Teil der Natur zu sein und sich in dieser Zeit auch bewusst zu werden, was die Natur alles bietet. Genauso wichtig wie die Jagd sind ihm aber auch die anderen Arbeiten, welche für Jäger unter dem Jahr anfallen. Dazu gehört das Bauen von Ansitzplätzen, Salzsteine auszubringen, Freiflächen fürs Wild zu mähen und im Frühling mit der Drohne Rehkitze vor dem Mähtod zu retten. Valsecchis Jagdzeit dauert länger als die der meisten andern. Denn er hat mit Freunden zusammen im Tirol ein Jagdrevier, wo er ab Anfang Juni auf die Jagd geht, danach geht es fast nahtlos weiter zur Bündner Hochjagd.

Martin Valsecchi geht ab und an auch mit dem Patensohn auf die Jagd.
Martin Valsecchi geht ab und an auch mit dem Patensohn auf die Jagd. © zvg

Nataglia Blanke ist 33 Jahre alt und wohnt mit ihrem Mann und den drei Söhnen in Ftan. Als ersten Grund weshalb sie auf die Jagd geht, nennt sie denn auch – etwas scherzhaft – damit sie Ruhe vor der Familie habe und mal wieder etwas anderes im Tiefkühler als Lamm und Natura Beef. Für den Jagdlehrgang und die Prüfung habe sie sich eigentlich angemeldet, weil das damals gerade etwas in Mode war, bekennt sie. Danach aber habe es ihr den Ärmel richtig reingenommen und sie liebe es jetzt auf die Jagd zu gehen. Da habe sie Zeit für sich, sei in der Natur, könne Tiere beobachten, andere Jäger treffen und auch unbekannte Orte kennenlernen. Sicher schiesst auch sie gerne mal ein Tier, wenns nichts ist, so wie letztes Jahr, sei das aber auch kein Weltuntergang, meint sie. Vor der Jagd sei sie denn auch nicht nervös, sondern erstaunlich locker. Weil sie eben Mutter dreier Söhne ist und der Mann Landwirt, geht sie meistens von zu Hause aus. Meistens frühmorgens, damit sie zeitig wieder zu Hause ist. Das findet sie allerdings etwas schade und erinnert sich wehmütig an ihre erste Jagdsaison vor 12 Jahren. Da war sie mit ihrer Familie auf der Hütte. Gejagt hätten sie alle einzeln, sich dann aber am Abend wieder getroffen, gekocht, gegessen, geredet und gelacht in der Hütte. Wunderschön sei das gewesen.

Nataglia Blanke mit dem schönsten Gewehr.
Nataglia Blanke mit dem schönsten Gewehr. © zvg

Gewehr

Beim Gewehr vertrauen unsere fünf Jägerinnen und Jäger einer Marke: Blaser. Die Modelle sind allerdings verschieden, so schiesst Nataglia mit einer R93 aus orangem Kunststoff mit leichtem Blattmuster, vor allem deshalb, weil das Gewehr nicht so teuer war, aber trotzdem eines, das niemand hatte.

Ausser Martin Valsecchi – müsste man da vielleicht sagen – er trifft ebenfalls mit einer Blaser R93 mit Zielfernrohr. 6'000 Franken habe er dafür bezahlt.

Im gleichen Preisrahmen liegt das Blaser R8 professionel success von Mirco Hänny. Jachen Schlegel hat sein Gewehr seit 1976 und weiss nicht mehr genau, was es gekostet hat.

Mengia Caviezel ist besonders stolz auf ihr Schnäppchen, ein Blaser K77 mit Kipplauf, das sie für 3'600 Franken im Bündner Jäger gefunden hat.

Munition

Mengia Caviezel bezieht ihre Munition beim Bruder, der sie selber herstellt. So kommt sie ein Schuss auf ca. 3 Franken zu stehen. Die Munition von Mirco Hänny kostet etwa 7.50 Franken pro Schuss, Valsecchi berappt 5.70 Franken pro Patrone und Nataglia Blanke 6.30 Franken pro Schuss.

Die Munition von Nataglia Blanke.
Die Munition von Nataglia Blanke. © Nataglia Blanke

Feldstecher, Fernrohr

Auch für Feldstecher und Fernrohr musste Mengia wenig, respektive gar kein Geld ausgeben. «Ich habe beides geschenkt bekommen», vermeldet sie. Beide Produkte seien von Zeiss. Zusätzlich hat sie noch einen Distanzmesser, der 400 Franken gekostet hat.

Mirco Hänny erspäht seine Beute durch einen Feldstecher von Zeiss und die Enden zählt er mit dem Fernrohr von Leica, mit integriertem Distanzmesser. Damals habe er nicht so auf den Preis geachtet, bekennt er freimütig (Fernrohr ca. 2'500 Fr., Feldstecher ca. 2'000 Fr.), heute würde er anders einkaufen, denn es gäbe Produkte, die qualitativ genauso gut seien, aber deutlich weniger kosten würden.

Valsecchi setzt bei den optischen Produkten auf Swarowski, so hat er einen solchen Feldstecher für 2'000 Franken und ein Fernrohr für 2'500 Franken.

Ebenfalls mit Swarowski blickt Nataglia Blanke in die Gegend. Allerdings hat sie das Fernrohr von den Eltern bekommen, weil diese ein neues gekauft hätten und den Feldstecher dürfe sie jeweils vom Vater ausleihen, selber hat sie einen Red Field 8 x 42.

Der Feldstecher muss immer bereit sein.
Der Feldstecher muss immer bereit sein. © Jürg Wirth

Rucksack

Selbstredend, dass die Münstertalerin einen Rucksack aus ihrem Tal hat. Sie schwört auf ihr Modell der Sattlerei Pitsch aus Müstair, 700 Franken habe der gekostet, aber er sei jeden Rappen wert. Der Rucksack ist massgefertigt mit Tasche, um das Gewehr zu verstauen und einer Vorrichtung damit sie Gemsen und Rehe heimtragen könne, darüber ist sie besonders froh. 30 Kilogramm könne sie problemlos tragen und den Rucksack würde sie nie mehr hergeben.

Nataglia Blanke schwört derweil auf den Militärrucksack ihres Mannes, weil der gut wasserdicht sei und sie könne das Innere herausnehmen und sich draufsetzen. Valsecchi schleppt seine Siebensachen in einem Mose 2 für 300 Franken durch die Gegend. Zwar habe dieser keine Gewehrhalterung, doch er dafür einen Trick. Mehr will er nicht verraten.

Carjani heisst der Jagdrucksack mit Gewehrtasche von Mirco Hänny, gekauft bei Andrist in Klosters für 299 Franken.

Jachen Schlegels Rucksack ist ca. 40 Jahre alt.

Kleidung

Da hält Jachen Schlegel die traditionellen Werte hoch und geht noch in einer grünen Hose aus Trunser Tuch auf die Jagd. Die Tuchfabrik Trun war einst eine legendäre Firma, die nicht nur Jägerinnen und Jäger bekleidete, sondern auch praktisch alle Musikvereine der Schweiz. Trotzdem musste das Unternehmen 2001 schliessen. Die grüne Jacke hat er vor 20 bis 25 Jahren gekauft.

Nataglia trägt eine grüne Hose der Marke Menco, dazu kommen Oberkleider und T-Shirts in verschiedenen Farben, Gilets und Jacken sind dann aber wieder grün. Bei feuchter Witterung schützen sie grüne Gamaschen vor Nässe.

Mengia Caviezel setzt ebenfalls auf Menco, bevorzugt in der Regel leichte Kleidung, weil sie fast nie kalt habe, dafür immer zu heiss.

Valsecchi setzt auf Thermohosen mit integrierten Gamaschen, die handelsüblichen Gamaschen würden nicht über seine starken Waden passen, meint er.

Mirco Hänny jagt in Kleidern von Sitka mit verpixelten Tarnfarben. Die Hosen kosten dabei 150 bis 200 Franken und die Jacken zwischen 350 und 400 Franken. Und Hänny besitzt mehrere Garnituren, da er diese das ganze Jahr trägt, wenn er draussen ist.

Die Jacke soll vor Kälte und Nässe schützen, aber nicht zu schwer und warm sein.
Die Jacke soll vor Kälte und Nässe schützen, aber nicht zu schwer und warm sein. © Jürg Wirth

Schuhe

Hierbei tanzt Mengia mit ihren Scarpas für 400 bis 500 Franken etwas aus der Reihe, denn alle andern schwören auf La Sportiva in verschiedenen Farben und unterschiedlichem Gewicht, jedoch immer mit Vibram-Sohle wie Martin Valsecchi sagt.

Proviant

Da schwören alle auf leichtes Gepäck. Am schwersten sind vielleicht mal ein Speck oder eine Wurst, oft aber begnügen sich die Weidmänner und -frauen mit Riegeln, Nüssen und getrockneten Früchten.

Spezielles

Klar, dass alle Patent, Abschussliste, Plomben etc. dabei haben - schliesslich ist das Vorschrift. Daneben tragen sie aber auch die «Palorma» mit. Eigentlich ein Flachmann gefüllt mit Iva oder anderem Bätziwasser. Damit stossen sie bei erfolgreichem Abschuss mit Kollegen an oder trösten sich nach einem Fehlschuss.

Valsecchi trägt zudem immer eine Gesichtsmaske, weil die Tiere extrem sensibel auf nackte Haut reagierten, wie er festgestellt hat.

Taschen- und Ausweidemesser haben auch alle dabei.

Mirco Hänny stützt sich ab und an auf seinen Jagdstock, einen ausgedienten Hockeyschläger, der ewig halte, wie er sagt.

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