Wolkenspiele verschönern den Herbst.
Wolkenspiele verschönern den Herbst. © Jürg Wirth

Wir machen eine Wanderung

Jürg Wirth Der Herbst ist die Wanderzeit schlechthin. Was es dazu alles braucht und wo man das bekommt, lesen Sie hier. Aber Vorsicht, die Reportage enthält Produktplatzierungen und ein Rätsel mit Preisen.

Im Halbdunkel scharen sich die Leute um den kleinen Bus, der zwischen Bahnhof und Restaurant steht. Die Stimmung ist getragen von Vorfreude, Anspannung und der typischen Morgenmüdigkeit. Dann endlich erscheint der Hotelier, der auch Buspilot ist. Kassiert die Fahrkosten ein und lässt die Menschen in den Bus klettern. Sobald alle und alles verstaut ist, geht’s los. Erst noch durchs Dorf, dann über breite Waldstrassen, bis diese immer schmaler und steiler werden und sich in langen Schlaufen den Berg hochziehen. Dem Chauffeur merkt man an, dass er die Strecke nicht zum ersten Mal fährt, der Hund auf dem Beifahrersitz auch nicht. Souverän umfährt der Wirt mit seinem Bus Schlaglöcher, bremst vor ausgefahrenen Querabschlägen und beschleunigt nach deren Passage unmittelbar wieder. Glücklich ist, wer noch nicht viel gegessen hat. Nach einer knappen halben Stunde dann haben Bus und Passagiere das Ziel erreicht, ein grösseres Plätzchen unterhalb eines imposanten Hangs voller Lawinenverbauungen. Jetzt geht’s los mit Wandern, dazu erst die Schuhe, gekauft in einem der zahlreichen Bergsportgeschäfte im Tal, richtig fest schnüren und den Rucksack über die Schulter geschwungen. Dieser ist der ganze Stolz des Wanderers, heisst Piz Murtaröl und stammt aus der Sattlerei Pitsch in Müstair. Heisst, dieser wird tatsächlich dort produziert und nicht nur von diesen importiert und dann verkauft. Gut, ist eigentlich ein Jägerrucksack, eignet sich aber sehr gut auch zur zivilen Nutzung und wenn nicht dieser, dann einer der anderen aus dem Sortiment der Sattlerei. Der Rucksack auf dem Rücken, man kennt es, führt meistens zu feuchten Kleidern am Rücken. Diesem Umstand tragen die neuen Jacken des Labels Macun-Vintage aus Lavin Rechnung. Deren Rückenteil ist luftdurchlässig und verhindert einen Hitzestau. Der Schweisslappen im Gesässbereich saugt die Feuchtigkeit auf und kann auch zum Trocknen gelöst werden.

Herbst ist die Wanderzeit schlechthin.
Herbst ist die Wanderzeit schlechthin. © Laurène Philippot

Eier oder Apfelringli

Die Wanderstöcke, wieder aus den Sportfachgeschäften, oder dann den selber geschnitzten Haselstock zur Hand, und los geht’s. Gut, wenn man – vorausgesetzt, man bevorzugt ein höheres Tempo – von der Spitze aus starten kann. Ansonsten gibt’s Einiges zu überholen, bis zum ersten kurzen Stopp auf einer kleinen Hochebene. Rasch zwei, drei getrocknete Apfelringli reingeschoben. Diese gibt’s zwar noch nicht aus der Region, aber sicher im Bioladen oder in la Strietta in Scuol zu kaufen, jedoch auch in anderen Spezialitätenläden. Wer will, kann auch schon das erste hartgekochte Ei zu sich nehmen, beispielsweise eines von Övs Mayer aus Strada. Dazu vielleicht ein kleiner Schluck Süssmost, gepresst aus eigenen Äpfeln auf der Mostaria Movibla. Eine leichte Verdünnung mit etwas Wasser bringt da durchaus Vorteile.

Dermassen gestärkt folgt das steilere und schwierigere Stück. Erst noch lässt sich einem Wanderweg folgen, dann führt die Route über und um grössere und kleinere Felsblöcke, geleitet lediglich von den weiss-roten Zeichen, die den Wanderweg kennzeichnen. Spätestens hier lässt sich die Ausrüstung um ein, zwei Bekleidungsschichten reduzieren. Allenfalls um die gestrickte Schafswolljacke aus der Butia da Besch in Ardez. Dann wieder den Blick zum Berg hochgerichtet, immer auf der Suche nach den Wanderwegzeichen, geschützt durch eine Sonnenbrille vom Optiker Claudio aus Scuol oder aus einem der zahlreichen Sportgeschäfte.

Nie sind die Farben intensiver als im Herbst.
Nie sind die Farben intensiver als im Herbst. © Laurène Philippot

Aussicht und heimische Leckereien

Belohnt wird der entbehrungsreiche Aufstieg dann auf dem Grat respektive Gipfel durch eine fantastische Fernsicht, verstärkt durch den Feldstecher von Foto Taisch in Scuol oder von Aventüras Berg- und Talsport in Müstair oder Zernez. Vor allem aber durch die Leckereien aus hiesiger Produktion. Käse aus der Chascharia Val Müstair, Ftan oder von Che Chaschöl, und Salsiz entweder von den Metzgereien Hatecke, Zanetti, Saxer oder aus einem der Hofläden der lokalen Landwirtschaftsbetriebe. Dazu Brot von Cantieni, Giacometti, Meier oder Bott. Fein säuberlich aufbewahrt im handgewobenen Marendatäschchen aus der Handweberei Tessanda Val Müstair in Sta. Maria.

Als Geschmacksverstärker kann hier durchaus das bei der Fuschina Lampert in Giarsun selber geschmiedete Messer dienen, mit dem man die Köstlichkeiten zerteilt.

Zuerst fällt der Blick auf ein Plateau mit 23 Seen, in einem von denen soll der Sage nach immer noch ein Drache hausen. Dann weitet sich das Panorama, und es erscheinen unzählige weitere Gipfel im Blickfeld und damit auch gleich Ideen für neue Wanderungen. Diese raussuchen kann man entweder bei der lokalen Tourismusorganisation oder mit den Bewohnenden vor Ort, welche beide dann auch gleich noch Tipps mitliefern können.

Vorerst gilt die Konzentration aber noch ganz der aktuellen Tour, dies umso mehr, als der folgende Grat nicht ganz ohne ist. Dabei empfiehlt es sich, den Blick auf den Boden und die nächsten Schritte zu halten und die Seen erst auf sicherem Stand zu betrachten. Zur Steigerung der aktuellen Konzentration kann ein «Bütschin», ein Schokokuss der Furnaria Häfner durchaus beitragen. 

Nach einem kürzeren Abstieg über Geröll und Steine folgt die flache Ebene mit ihren Seen. Allerdings lassen sich diese nur aus der Distanz betrachten, da man in diesem Gebiet den Weg nicht verlassen darf. Ein Rastplatz liegt jedoch direkt am See, dort lässt sich der Zuckerspiegel nochmals etwas heben. Womit wohl? – Ganz genau, mit einer Nusstorte. Hier die besten Produzierenden anzugeben, ist zu heikel, doch wer sucht, der findet.

Knallblauer Himmel und fahles Gras im Kontrast.
Knallblauer Himmel und fahles Gras im Kontrast. © Andrea Badrutt

Langer Abstieg und Quizfrage

Nach der Ebene folgt ein ziemlich steiler und langer Abstieg bis zur Alp. Mit etwas Glück liegen dort gekühlte Getränke im Brunnen, gekauft im lokalen Volg. Dann haben die Wandernden die Wahl zwischen zwei Wegen, einem alten, spannenden Alpweg oder der neuen, eher etwas ermüdenden Alpstrasse. Im Dorf angekommen, warten die Bäckerei oder der Volg auf den Einkauf, das Hotel ist leider geschlossen. Und am Bahnhof lässt sich die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges zumindest noch bis Ende Oktober im Restaurant überbrücken. 

Gut möglich, dass das Gehen am folgenden Tag nicht so leicht fällt, wegen Blasen oder Muskelkater. Doch auch hier gibt’s Gegenmassnahmen im Tal. In Form von Apotheken und Drogerien, die Blasenpflaster und Ähnliches verkaufen. Die Muskeln lassen sich bei einer professionellen Massage lockern, wofür es ebenfalls zahlreiche Angebote in der Region gibt. 

Wer will, kann die Ereignisse auch selber aufschreiben, zum Beispiel auf einem in der Papeterie Stöckenius oder der Buchhandlung Libraria Clozza gekauften Block oder Notizbüchlein. In letzterer findet sich auch umfangreiche Literatur für den gemütlichen Abend oder Tipps für die nächste Wanderung.

Und wer jetzt weiss, um welche Wanderung es sich hier handelt, kann dies dem Autor mitteilen und erhält dafür je nach Wunsch ein Stückchen Käse oder einen Salsiz für die nächste Wanderung.

Klare Farben am Himmel und auf den Bergen.
Klare Farben am Himmel und auf den Bergen. © Jürg Wirth

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