Eine inspirierende Landschaft und verschiedene Düfte bietet das Val S-charl.
Eine inspirierende Landschaft und verschiedene Düfte bietet das Val S-charl. © UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair

Die Düfte aus dem Val S-charl – von der Landschaft nach Hause

Angelika Abderhalden und Andi Brechbühl Das Val S-charl verbindet die beiden zur Pflege- und Entwicklungszone der UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair gehörenden Talschaften Val Müstair und Engiadina Bassa. Auf der Suche nach einem gemeinsamen verbindenden Produkt wurden die Landschaft widerspiegelnde Seifen mit Düften aus dem Val S-charl entwickelt.

Die Idee

Entwickelt wurde die Idee von Philipp Kolmann im Auftrag der UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair. Er liess sich von der Geschichte, der Landschaft, den Farben und Gerüchen des Val S-charl inspirieren. Die Resultate zeigen sich in verschiedenen ätherischen Öle aus Pflanzen wie zum Beispiel der Arve oder dem Wacholder, die zusammen mit anderen Pflanzenteilen zu Seifen, welche an die Gerüche vom Morgen, Mittag und Abend im Val S-charl erinnern, weiterentwickelt wurden. Eine weitere spezielle Seife ist die «Bergbau-Seife», die auf die geschichtliche Relevanz des Bergbaus im Val S-charl eingeht. Sie enthält eine Auswahl an Gerüchen aus dem Land und Leben der früheren Bergbaugesellschaft und weist auf die Rolle der Arve während des aktiven Bergbaus hin. Sie erinnert in Farbe und Form an Reste von Schlacke und besticht durch ihren intensiven Kohle-Arve-Teer-Geruch, der im Kontrast zur erstaunlich weichen und pflegenden Konsistenz steht.

Aufbau der Wasserdampfdestillation.
Aufbau der Wasserdampfdestillation. © amriza.ch

Der Weg von der Idee bis zum Produkt

Mit den beiden Hotels in S-charl, die in der Entwicklungszone der UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair sind, wurde die mögliche Herstellung kleiner Handseifen für die Hotelzimmer und Seifen für den Verkauf diskutiert. Das Interesse war gross und veranlasste uns, die Idee weiterzuverfolgen. Weiterentwickelt wurden schlussendlich die drei Seifen: Bunura – Mezdi – Saira. Zunächst beschrieb Philipp Kolmann die Rezeptur genauer und eine Manufaktur wurde gesucht, die die Seifen herstellen würde. Um ein nachhaltiges Produkt zu entwickeln, welches die ganze Region des Biosphärenreservats widerspiegelt, sollten die ätherischen Öle, die den Hauptduft aus der Region tragen, auch tatsächlich vor Ort mit einheimischem Rohmaterial destilliert werden. Glücklicherweise fanden wir die mobile Destillerie von Amriza, die nach der Methode der Wasserdampfdestillation Hydrolate und ätherische Öle herstellt. Dies ist besonders, da es sich um die ersten in der Region aus regionalen Rohstoffen hergestellten ätherischen Ölen handelt.

Das Destillieren der ätherischen Öle könnte man in unserem Fall sogar als «Upcycling» bezeichnen, da für die Destillation Material verwendet wird, welches als «Abfallprodukt» beim Holzschlag oder bei der Alpweidenpflege anfällt. Arvenäste und Rinde wurden nach dem Holzschlag im Val S-charl gesammelt. Der nötige Wacholder wurde mit Schulklassen und Freiwilligen auf eingewachsenen Alpweiden geschnitten. Speziell für die Abendseife wurden Flechten, die an Arven und Lärchenästen wachsen, gesammelt. Das Rohmaterial wurde nach Scuol zur Eishalle Gurlaina transportiert, um dort für die Destillation vorbereitet zu werden.

Im November 2022 begann die erste Destillierung der ätherischen Öle. Amriza kam mit zwei kleineren mobilen Destillen, um aus Arven und Wacholder wertvolle ätherische Öle durch die schonende Wasserdampfdestillation zu gewinnen. Es war ein erster Test, ob und wie die Idee funktioniert. Es sind grosse Mengen von Astmaterial gehäckselt worden, um daraus knapp einen Liter Arvenöl und Wacholderöl zu erhalten. Mit dem so erhaltenen Öl wurden danach in der Seifenmanufaktur Saponaria Wanda in Valposchiavo eine erste Pilotserie an Seifen nach den Rezepten von Philip Kolmann hergestellt. Nach ein paar Anpassungen waren sowohl der Duft und das Aussehen perfekt. Neben allen Vorbereitungen für die Seifenherstellung entwickelte die Grafikerin Christina Willy aus Scuol die Verpackung und Tina Roner kümmerte sich um die schönen Texte.

Dieses Jahr wurde der Prozess der Destillierung wiederholt. Die mobile Destille von Amriza ist inzwischen grösser und es wurden während des Destillierens an drei Tagen Workshops für Schulen, Einheimische und Gäste angeboten, um das Wissen und die Geschichte rund um die Wasserdampfdestillation weiterzuvermitteln. Ein von der Gemeinde Scuol zur Verfügung gestellter Raum beim Werkhof Gurlaina konnte dafür genutzt werden. Nach der Seifenproduktion im Frühjahr werden die Seifen ab Sommer 2024 in verschiedenen Geschäften der Region erhältlich sein.

An Workshops wurde Wissen zur Wasserdampfdestillation weitervermittelt.
An Workshops wurde Wissen zur Wasserdampfdestillation weitervermittelt. © UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair
Ein Blick auf die neue, mobile Kupfer-Destille von Amriza.
Ein Blick auf die neue, mobile Kupfer-Destille von Amriza. © UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair
Gehäckselte Arvenäste vor der Destillierung von ätherischen Ölen.
Gehäckselte Arvenäste vor der Destillierung von ätherischen Ölen. © UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair

Die drei Seifen

Mit den mit viel Sorgfalt und Freude hergestellten drei unterschiedlichen Duftseifen lässt sich ein Tag im Val S-charl nacherleben. Einerseits mit der Morgenseife, Bunura genannt. Sie vermittelt die Eindrücke des Morgens, wenn die vielen kleinen Wasserquellen und der frische Duft der Wilden Minze gemeinsam mit der Wasserkresse und den grünen Arvennadeln die Nase kitzeln. Die Seife Mezdi spiegelt den Mittag wider, wenn die Sonne auf die Lichtungen trifft und den am Boden wachsenden Wacholder wärmt. Die Sonnenstrahlen entlocken am Mittag zudem einen feinen Duft vom Baumharz aus der Rinde der Arve. Am Abend hingegen duften die Flechten, die mit der Arve in Symbiose leben und das Totholz bewohnen. Der Geruch lässt das Erwachen der Tierwelt und die umliegenden Alpenrosen erahnen. Diese Düfte und Eindrücke sind in der Abendseife, Saira, eingefangen.

Die drei entwickelten Seifen betören mit verschiedenen Düften.
Die drei entwickelten Seifen betören mit verschiedenen Düften. © UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair

Die UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair verbindet die beiden Talschaften und wird von drei Kooperationspartnern geführt. Dies sind der Schweizerische Nationalpark (Kernzone), die Gemeinde Val Müstair mit dem Regionalen Naturpark Biosfera Val Müstair (Pflege- und Entwicklungszone Val Müstair) und die Gemeinde Scuol (Pflege- und Entwicklungszone Engadin). Durch diese Zusammenarbeit entstehen neben Forschungs- und Umsetzungsprojekten auch Produkte, die die gesamte Region repräsentieren, zum Beispiel die drei beschriebenen Seifen. Falls Sie weitere Ideen für ein gemeinsames Projekt oder Produkt haben, dann freuen wir uns über eine Mitteilung dazu. Informationen unter: biosphaerenreservat.ch

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