John Spotswood liebt seine Arbeit als Bademeister in Zernez.
John Spotswood liebt seine Arbeit als Bademeister in Zernez. © Jürg Wirth

Bademeister mit Marines-Ausbildung

Jürg Wirth John Spotswood ist Bademeister im Familienbad Zernez. Zuvor war er schon vieles mehr, unter anderem mehrfacher Olympia- und WM-Teilnehmer im Langlauf.

Bei seiner ersten Stellenbewerbung als Bademeister zeigte John Spotswood das Dienstbüchlein, das ihn als ehemaligen britischen Marine auswies und er hatte die Stelle. Darauf arbeitete er neun Jahre als Bademeister in Pontresina. Als er dann nach Bergün wechseln wollte, musste er trotzdem noch die gutschweizerische Bademeisterausbildung in Opfikon absolvieren. Nun arbeitet er bereits acht Jahre in Zernez und will die anderthalb Jahre bis zur Pension noch durchziehen.

Sicher ist Bademeister ein abwechslungsreicher Beruf und tatsächlich kann es auch mal um Leben und Tod gehen, doch da war er früher schon mal viel näher dran. Doch gemach und von vorne.

Geboren ist Spotswood am 28. August 1960 in Carlisle, einer Stadt in Nordengland unmittelbar an der Grenze zu Schottland. Dort absolvierte er die obligatorischen neun Jahre Schule und wollte danach die Welt sehen. «Ich musste raus aus Carlisle, rein ins Leben und weg von der Schule», erinnert er sich. Interrail und Zwischenjahr waren damals noch weniger ein Thema, also meldete er sich bei den Marines, der Marineinfanterie der Royal Navy. Eigentlich wollte er nur zur Navy, um auf dem Schiff etwas um die Welt zu fahren, doch weil er ausgesprochen fit war, rieten ihm die Kollegen zu den Marines.

Erstmal kam er aber nicht sehr weit, sondern nur bis nach Norwegen in ein Trainingscamp mit den Nato-Truppen. Dort trainierten sie nicht nur Militärisches, sondern an den Wochenenden auch Langlauf. Selbstverständlich veranstalteten sie schon bald auch kleine Rennen und John lief immer zuvorderst mit. 

Wohl gefiel ihm diese Zeit gut, auch die militärische in Norwegen. Als junger Mann fühlte er sich sehr wohl im Team. Aber unter der Kälte hätten sie gelitten, jedoch nie gejammert und immer genügend zu Essen gehabt. «Camping mit Waffe», habe ein Kollege das Ganze scherzhaft genannt. Selbstredend, dass sie nie mit dem Ernstfall rechneten, auch wenn damals die Hochblüte des Kalten Krieges war. Doch da täuschten sie sich gewaltig, denn 1982 brach in Argentinien der Falklandkrieg aus. Dabei besetzten argentinische Streitkräfte die unter englischer Herrschaft stehende Inselgruppe im Süden Argentiniens. 

Im Krieg

Zuvor aber arbeitete Spotswood an seiner Langlauf- respektive Biathlon-Karriere. Nachdem er immer als Sieger der Wochenendrennen im Militär hervorging, meldete er sich bei der Biathlon-Mannschaft der Royal Marines. Er bestand die Aufnahmeprüfung und schon bald ging es nach Ruhpolding in Deutschland zu den Army-Championships. Schliesslich war er so gut, dass er in die zivile Biathlonmannschaft wechseln konnte. Dort war er zwar immer schnell beim Laufen, aber nicht so treffsicher beim Schiessen, weshalb er aus dem Team gestrichen wurde. 

Das war ebenfalls 1982, in dem Jahr also, in welchem er zusammen mit seinen Marines-Kollegen einen Monat lang mit dem Schiff von Schottland zu den Falkland-Inseln in den Krieg zog. Klar habe er auch Angst gehabt, doch das Adrenalin habe alles überdeckt. Die Angst war berechtigt, denn 250 seiner Kollegen sind beim Einsatz ums Leben gekommen. 

Drei Monate kämpfte er auf Falkland und erhielt nachher 6 Wochen Urlaub. Anschliessend konnte er dem britischen Langlaufteam beitreten und 1983 qualifizierte er sich für die Langlaufnationalmannschaft, was ihn zum ersten Mal in die Schweiz führte, genauer gesagt nach Pontresina ins Trainingslager. Dort gefiel es ihm so gut, dass er den Sommer für das Höhentraining auch im Oberengadin verbrachte. Nicht nur der Sport gefiel ihm, sondern ganz besonders auch eine Bündner Oberländerin, welche als Krankenschwester arbeitete und im selben Haus wie Spotswood wohnte. 1988 heirateten die beiden.

Olympische Spiele und Weltmeisterschaften

Zuvor aber nahm er an den Olympischen Spielen 1984 in Sarajevo und 1988 in Calgary teil, dort gemeinsam mit «Eddy the Eagle». Zudem 1985 und 1987 an den Weltmeisterschaften in Seefeld und Oberstorf. Gewonnen hat er nie, aber beim 15-Kilometer-Rennen in Sarajevo lief er beispielsweise als 57. über die Ziellinie. Zudem konnte er vom Sport leben, in Hotels übernachten und kam in der Welt herum. Trotzdem beendete er seine Karriere 1988 nach den Olympischen Spielen von Calgary und zog nach Pontresina. Er arbeitete darauf im Crusch Alba in S-charl, im Bergrestaurant auf der Alp Flix, absolvierte das Langlauflehrerpatent in Arosa, unterrichtete bei Albert Giger in St. Moritz, verkaufte bei Fähndrich Sport, half im Seilpark in Pontresina, verkaufte Loipenpässe und amtete als Bademeister in Pontresina und Bergün. Vater von vier Kindern wurde er auch noch und inzwischen begeisterter Grossvater. Er liess sich von seiner Frau scheiden und verlor danach etwas den Boden unter den Füssen.

Schon lange aber hat er wieder Oberwasser gewonnen und freut sich an seinem Leben. Nicht nur, wenn er seine Runden im Familienbad Zernez schwimmt. Jetzt als diplomierter Badmeister. 

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