«Im Engadin ist es sieben Monate Winter und fünf Monate kalt». Diese Aussage kommt so manchen von uns bekannt vor und allein der Gedanke an den Winter lässt einen frösteln. Andere wiederum fühlen sich pudelwohl bei diesen Temperaturen, was mitunter auch an der Ausrüstung dieser Menschen liegt. Warme Daunenjacken, Merinounterwäsche und eine dicke Wollmütze, das alles hilft uns, bei kühlen Temperaturen warm zu bleiben.
Natürliche Isolation
Wir Menschen setzen also oft gezielt natürliche Materialien ein, um kaltem Wetter zu trotzen. Der Vorteil von Tieren ist, dass sie die Isolation bereits in ihren Körpern eingebaut haben. Schafe tragen ihre Wolle und Vögel ihre Daunenfedern. Doch welche zusätzlichen Möglichkeiten haben Tiere, um sich an tiefe Temperaturen oder nasse Witterung anzupassen? Welche Strategien haben sich im Laufe der Evolution entwickelt und nützen alle Tiere dieselben Strategien? Diese letzte Frage kann wohl verneint werden, denn jede Tierart steht vor anderen Herausforderungen. Beschränken wir uns auf die Vögel, so sehen wir, dass viele Arten ähnliche Strategien nutzen.
Schlechtes Wetter
Eine Möglichkeit, um mit garstigem Wetter umzugehen, ist auszuweichen. Zugvögel haben diese Strategie perfektioniert, indem sie im Herbst rechtzeitig, bevor es zu kalt wird, in den Süden ziehen und erst wieder zurückkommen, wenn die Temperaturen milder werden. Andere Arten hingegen bleiben das ganze Jahr über im selben Gebiet. Doch auch hier haben sich verschiedene Anpassungen entwickelt. Das Alpenschneehuhn beispielsweise tippelt mit Schneeschuhen aus Federn über den Schnee, besitzt ein ausgezeichnet isolierendes Gefieder und lässt sich einschneien, um Kälte, Wind und Fressfeinden zu entgehen. Andere Arten sind auf den ersten Blick weniger gut an das Leben in der Kälte angepasst. So zum Beispiel die Singvögel, welche den Winter in den Bergen verbringen.
Artgenossen in den Bergen
Oft können wir dieselben Arten auch im Winter sowohl in höheren als auch in tieferen Lagen beobachten. Dies ist möglich, da Vögel in höheren Lagen im Laufe der Evolution verschiedene Anpassungen entwickelt haben, welche ihre Artgenossen in tieferen Lagen gar nicht benötigen. Dabei sind längere Flügel, Federn oder ein längerer Stoss bei kleinerem Körper nur einige der Anpassungen, um besser mit dem Leben in den Bergen klarzukommen.
Was ist der Unterschied?
Auch bei der Jungenaufzucht lassen sich alpine Vögel etwas einfallen. Viele Arten bauen beispielsweise grössere oder dickere und damit besser isolierte Nester als ihre Artgenossen in tieferen Lagen. Zusätzlich kommt es häufig zu kleineren Bruten, also weniger Jungvögeln pro Nest. Diese wenigen Jungtiere werden jedoch umso fleissiger umsorgt. In hohen Lagen kümmern sich nicht nur die Weibchen um die Brutpflege. Auch die Männchen helfen oft tatkräftig mit. Ein Phänomen, das in tieferen Lagen wesentlich seltener beobachtet werden kann. Die Tatsache, dass Vögel in höheren Lagen oft weniger Jungtiere haben und zusätzlich mehr investieren, führt zu besser genährten und robusteren Jungtieren im Vergleich zu tieferen Lagen.
Diese und weitere Anpassungen ermöglichen es Vögeln in den Bergen trotz langen Wintern und verkürzten Vegetationsperioden zu überleben und sich fortzupflanzen. Die Evolution hat sich hier also nicht nur auf die natürliche Daunenjacke der Vögel verlassen, sondern hat im Laufe der Zeit spezifische Anpassungen entwickelt, damit Vögel mit kalten Temperaturen, Wind und Wetter umgehen können.
Die Natur als Vorbild
Wir Menschen behelfen uns ebenfalls mit verschiedenen Strategien, um mit winterlichen Temperaturen umzugehen. Oft sehen wir hier Parallelen zum Tierreich. Manche Strategien hat sich der Mensch sogar aus dem Tierreich abgeschaut. Darunter eben auch die Daunenjacke. Welch eine wunderbar wärmende Erfindung – danke, liebe Natur!