Der Bergackerbau ist in unserer Region noch immer ziemlich verbreitet.
Der Bergackerbau ist in unserer Region noch immer ziemlich verbreitet. © Andrea Badrutt, Chur

Äcker bereit machen

Jürg Wirth Noch immer ist der Bergackerbau in unserer Region ziemlich verbreitet. Im Vergleich zu früher sind die Arbeiten aber durchaus um einiges einfacher geworden, den Maschinen sei Dank. Deshalb hier mal ein kurzer Blick darauf, wie die Bauern früher ihre Äcker bestellt haben.

Dass der Ackerbau im Unterengadin und Val Müstair früher eine wichtige Rolle gespielt hat, zeigen die zahlreichen Terrassen, welche heute die Landschaft prägen. Früher waren diese samt und sonders mit Weizen, Roggen oder Gerste bebaut, Kartoffeln kamen erst später dazu. Jon Mathieu beschreibt das Metier in seinem Buch von «Bauern und Bären, eine Geschichte des Unterengadins von 1650 bis 1800» ausführlich. Demnach wurde auf den Äckern zu jener Zeit im Schnitt zur Hälfte Gerste angebaut, zu einem Drittel Roggen und den Rest teilten sich Weizen, Erbsen und etwas Flachs. Dabei war die Gerste die Sommerfrucht, konnte also im Frühling gesät und im Herbst geerntet werden. Sie warf einen sicheren Ertrag ab, wurde aber vor allem zum Kochen verwendet. Als Brotfrucht diente der im Herbst gesäte Winterroggen, dessen lange Halme zudem eine willkommene Ergänzung zum Viehfutter ergaben. Allerdings wuchs Roggen nur in tieferen Lagen, da er empfindlich war. Ab und an versuchten die Bauern, den Roggen zu überlisten und zwar dahingehend, dass sie diesen bereits im Frühjahr mit anderen Pflanzen zusammen säten. Dann folgte ein Grünschnitt, und die Ernte brachten die Bauern dann erst im darauffolgenden Jahr ein.

Die zahlreichen Terrassen prägen heute die Landschaft.
Die zahlreichen Terrassen prägen heute die Landschaft. © Andrea Badrutt, Chur

Erde tragen

Egal, ob Trick oder nicht – um überhaupt Ernte einzubringen, mussten im Frühling die Äcker bereit gemacht werden. Dabei standen verschiedene Arbeiten an. In der ersten Hälfte des Monats März bestreuten die Bauernfamilien die Äcker mit Winterfrucht mit Asche oder Erde und beschleunigten so die Schneeschmelze. War diese Arbeit noch relativ einfach, so wartete auf den brachen Äckern eine schweisstreibende Tätigkeit. «Trar sü terra» hiess das auf Romanisch, was soviel bedeutet wie «Erde hinauftragen». Denn trotz den Terrassen waren die Äcker mitnichten topfeben, sondern meistens etwas abschüssig, wodurch die Humusschicht beim Pflügen immer weiter nach unten verschoben wurde. Dabei war genau festgelegt, wie viel vom Humus nach oben getragen werden durfte. Auf den flacheren Terrassen geschah dies mit Handkarren, in den steileren Gebieten brauchte es dazu viele Frau- respektive Mannarbeitsstunden. Denn so viele Leute wie möglich trugen die Erde in Kübeln nach oben, getragen an einem Joch. Ins gleiche Kapitel gehörte dann auch das Herrichten der Trockenmauern, falls diese über den Winter Schaden genommen hatten.

Die Äcker wurden mit Weizen, Roggen oder Gerste bebaut, Kartoffeln kamen erst später dazu.
Die Äcker wurden mit Weizen, Roggen oder Gerste bebaut, Kartoffeln kamen erst später dazu. © Andrea Badrutt, Chur

Düngen

Waren die Äcker so weit hergerichtet, folgte das Düngen, «aldar», sprich das Misten. Im besten Falle mit Ochsenkarren, meistens aber von Hand mit Kesseln oder mittels Haufen, die bereits früher auf den Feldern errichtet und dann von Hand verteilt wurden. Nach dem Düngen kam das Pflügen, wozu sich die Bauern oft zusammentaten. Jeweils zu zweit, wovon jeder einen Ochsen als Zugtier beisteuerte. So konnten sich fast alle das maschinelle Pflügen leisten und mussten sich nicht in Abhängigkeit von reichen Leuten begeben.

Auf den vorbereiteten Acker wurde dann gesät und anschliessend geeggt, um das Unkraut zurückzudrängen, und im Herbst dann geerntet. Das ist ja auch heute noch so.

Buchtipp: Jon Mathieu, Bauern und Bären, Eine Geschichte des Unterengadins von 1650 bis 1800.

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