Die Aussicht aus dem Lai Ruduond ist fantastisch.
Die Aussicht aus dem Lai Ruduond ist fantastisch. © Jürg Wirth

Kühle Orte

Jürg Wirth Natürlich ist es nur Augenwischerei und Symptombekämpfung, aber wenn's auch hier immer heisser wird, helfen für den Moment dann doch ein paar kühlende Orte. Und davon gibt es in der Gegend einige – doch lesen Sie selbst.

Es gibt sie noch, die coolen Orte, auch bei uns in der Gegend, aber auch hier werden sie langsam rar. Waren es vor 20 Jahren vielleicht zwei oder drei laue Sommerabende, an denen man im leichten Pullover bis spätnachts draussen sitzen konnte, gibt es diese Tage in der neueren Zeit gleich serienweise. Und wenn schon der Abend angenehm warm ist, dann ist der Tag selber – genau: heiss. Unabdingbar also, dass man tagsüber coole, heisst, kühle Orte aufsucht, wenn man denn kann. 

Lai da Padnal

Auf der Hand liegt da natürlich das kühlende Nass als Retter vor der Hitze, sprich, Seen und Flüsse. Und von denen gibt’s in der Gegend zum Glück einige. Ganz zu Beginn gilt es, den Klassiker Lai da Padnal bei Ftan zu erwähnen. Schon längst kein ultimativer Geheimtipp mehr, aber das ist durchaus gewollt. Der eigens angelegte See versteht sich eher als öffentliche Badeanstalt, und dorthin geht man schliesslich auch nicht, wenn man unbedingt alleine sein möchte. Dafür trifft man am Lai da Padnal immer Freunde und Bekannte, und kann das talumspannende Sozialleben pflegen, und sich nach Belieben austauschen.

Der Schellenursli-See

Schon etwas geheimer ist da der Lai Raduond ob Ardez – eigentlich. Denn andererseits sollten diesen See ziemlich viele Leute kennen. Spielte doch der Lai Raduond in der Einstiegsszene des Schellen-Ursli-Films quasi die Hauptrolle. Denn eigentlich ist der See gar nicht rund, sondern hat die Form eines Herzens. Der Herzsee liegt oberhalb Ardez, und ist auch zu Fuss gut zu erreichen, wenn man erst nach Munt hochsteigt, dann weiter Richtung Murtera, und von dort ist es dann nur noch ein Katzensprung. 

Die Wassertemperatur ist sehr erfrischend, und die Aussicht von der Wasseroberfläche aus geradezu atemberaubend. Und alleine ist man auch, ausser, wenn vielleicht noch der eine oder die andere Einheimische dieselbe Idee hatte und den Badeplausch mit entsprechenden aufblasbaren Badeutensilien ergänzt. Als Ausweichmöglichkeit gäbe es dann noch den leicht westlich gelegenen Lai Lung, der eigentlich aus zwei Seen besteht, wobei der kleinere ab und an austrocknet. Wer dann vor Ort ist, Lust hat, über gute Kondition und Berggängigkeit verfügt, kann die westlich gelegene Sella, ein kleiner Vorgipfel des Piz Cotschens, überqueren, der Flanke entlangwandern und schon steht man vor den Lais Verd, Blau oder Grisch.

Spielt auch im Schellenursli-Film eine wichtige Rolle: Der Lai Ruduond oberhalb Ardez.
Spielt auch im Schellenursli-Film eine wichtige Rolle: Der Lai Ruduond oberhalb Ardez. © Jürg Wirth

Seen im Doppelpack

Und dann gibt’s da noch die Lais da Rims, das sind quasi zwei auf einen Schlag, weil die gibt’s einerseits südlich des Piz Lischana bei Scuol, und dann im Val Müstair. Dort gelangt man am besten von Valchava her zum Lai da Rims. Und das ist denn auch der grösste Unterschied, denn im Val Müstair gibt’s nur einen, und der heisst Lai da Rims, beim Lischana aber fast ein Dutzend davon, deshalb heissen die Lais da Rims. Urig schön, und vor allem kühlend, sind aber alle von denen. 

Auch der Inn an sich ist immer ein kühler Tipp, allerdings nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, und am besten geeignet für Zehen oder Füsse, die sich darin kühlen. Denn schwimmen ist definitiv nicht angebracht, da zu kalt und je nach dem auch viel zu viel Strömung.

Lai da Rims im Val Müstair, ebenfalls sehr eindrücklich.
Lai da Rims im Val Müstair, ebenfalls sehr eindrücklich. © Andrea Badrutt

Dann sind da noch die Schluchten

Aber es muss auch gar nicht immer nur Wasser sein, es gibt auch noch andere kühle Orte, solche, welche die Sonne ein wenig vergessen hat. Wie zum Beispiel die Fouras da Baldirun, welche, in früheren Zeiten den Lavinern oder den Suschern – je nach Quelle – das Leben gerettet haben. Denn dort haben sich die Dorfbewohner vor den plündernden und mordenden Gruppen des Oberst Baldirun versteckt, als dieser im Jahre 1622 durch das Engadin zog. Heute muss sich niemand mehr vor Baldirun verstecken, dafür kann man das an besagtem Ort vor den Sonnenstrahlen. Die Fouras da Baldirun liegen gegenüber der Autoverladestation Veraina, und bestehen, wie es der Name sagt, aus vielen Felsen und Steinen, mit unzähligen Höhlen, Löchern und Vertiefungen, in denen sich manchmal Skelette aus der Bronzezeit finden lassen, immer aber Schatten und Kühle.

Genauso wie in der anderen Schlucht, die es ebenfalls noch in die Aufzählung der kühlen Orte geschafft hat, das Val d’Uina. Gegenüber von Sent, in Richtung Sesvenna-Hütte oder gar Piz Lischana verlaufend, schmal und tief und kaum je von der Sonne bis an den Boden ausgeleuchtet. Will man das Tal auf seiner ganzen Länge durchwandern, kommt man dann aber trotzdem ins Schwitzen, einfach, weil es ziemlich lang ist. Und spektakulär, das ist es vor allem im Abschnitt kurz vor dem Schlinigpass auf dem rund 600 Meter langen, in den Felsen gesprengten Weg «il Quar». 

Auch ein kühler Ort: die Val d’Uina-Schlucht.
Auch ein kühler Ort: die Val d’Uina-Schlucht. © Cyrill Suter

Das könnte Sie auch interessieren